Einer der bekanntesten Fälle von Menschenrechtsverletzung stellt der Fall LaRouches und seiner Mitarbeiter in den USA dar. Die Anklage "Verschwörung zu ..." ist im Rechtssystem der Bundesrepublik nicht vorstellbar und wie sie angewandt wurde, spottet jeder Beschreibung. Hunderte von Rechtsexperten weltweit nahmen sich dieses Falles an, bis hin zum ehemaligen Bundes-Justizminister der USA, Ramsey Clark, von dem das folgende Memorandum verfasst wurde.
Die skandalöse Verfolgung LaRouches und seiner Mitarbeiter hat bereits scharfe Proteste führender Juristen im Ausland hervorgerufen; in den USA hat der ehemalige Justizminister Ramsey Clark die anwaltliche Vertretung LaRouches übernommen.
Am 5. April 1989 wandte sich die Verteidigung mit einem 50-seitigen Eilantrag an das zuständige Berufungsgericht in Richmond, Virginia (Bundesgericht für Berufungssachen im 4. Gerichtsbezirk), um eine Freilassung LaRouches und der Mitverurteilten Michael Billington, Paul Greenberg, Dennis Small, Edward Spannaus, William Wertz und Joyce Rubinstein gegen Kaution bis zur Entscheidung über die Berufung in der Hauptsache zu erreichen. Dieser Antrag gründet sich auf eine detaillierte Darstellung der schwerwiegenden Verfahrensfehler des Prozesses von Alexandria, der die wichtigsten von der Verfassung garantierten Rechte des Angeklagten im Strafverfahren außer Kraft setzte. Der Antrag führt aus, daß allein diese Verletzungen von Verfassungsrecht eine Aufhebung des Urteils in der Berufung erwarten lassen. Als einzigen Grund für die Verweigerung von Kaution und sofortige Inhaftierung LaRouches und der anderen Angeklagten hatte der Vorsitzende Richter Bryan in Alexandria behauptet, die Berufung habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Diese Auffassung wird durch die Argumente des genannen Antrags vollständig widerlegt und ad absurdum geführt.
Daß dieser rechtlich und faktisch fundierte Antrag allerdings am 14. April ohne Begründung und ohne vorherige mündliche Verhandlung abgelehnt wurde, unterstreicht wiederum die Motivation hinter den gerichtlichen Verfolgungen LaRouches und seiner politischen Freunde.
Die Frage, ob es im Berufungsverfahren gelingt, eine Aufhebung der Verurteilung zu erreichen und damit die Rechtsgültigkeit der amerikanischen Verfassung auch vor den Augen der Weltöffentlichkeit wiederherzustellen, ist zur entscheidenden Bürgerrechtsfrage dieses Jahrzehnts geworden.
Die "Internationale Kommission zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen" veröffentlichte das dem genannten Antrag beigefügte Memorandum nachstehend im Wortlaut.
Die Antragsteller erfüllen die Voraussetzungen zur Bewilligung einer Kaution im Berufungsverfahren. Wie Richter Bryan (der Vorsitzende Richter des erstinstanzlichen Gerichts in Alexandria, d. Red.) anläßlich der Gewährung von Kaution bis zur Verkündung des Strafmaßes bemerkte, besteht hinsichtlich der Antragsteller weder Fluchtgefahr noch stellen sie eine Gefahr für die Allgemeinheit dar. Darüber hinaus wirft die Berufung in diesem Fall, wie weiter unten ausgeführt wird (l), wesentliche Fragen rechtlicher und sachlicher Natur auf, so daß die Berufung wahrscheinlich zur Aufhebung des Urteils oder Zurückverweisung zur Neuverhandlung führen wird.
"Wesentlich" ist eine mit der Berufung aufgeworfene Rechtsfrage, wenn es sich um eine "strittige" Frage handelt, - d.h. "eine, die sehr wohl auch anders hätte entschieden werden können". Vgl. Vereinigte Staaten gegen Giancola, 754 F.2d S. 898, 901, 11. Gerichtsbezirk, 1985: eine Frage, "die wahrscheinlich die Aufhebung der Verurteilung bewirken kann", muß hinlänglich Bestandteil der materiell-rechtlichen Gesichtspunkte der Verurteilung sein, so daß ein gegenteiliges Berufungsurteil, das die Aufhebung des Verfahren erforderlich machen würde, möglich sein könnte. Vgl. Vereinigte Staaten gegen Polin, Nr. 85-5009, S. 2, 4. Gerichtsbezirk, 1985. (Unveröffentlichte Meinung, als Anlage C beigelegt dem kürzlichen Memorandum der Antragsteller zur Begründung einer Kautionsbewilligung während des Berufungsverfahrens vom 31. Januar 1989). (2)
Nachstehend führen die Antragsteller im Detail eine Reihe von verschiedenen verfassungsrechtlich bedeutsamen Gründen an, von denen jeder einzelne schon ein stichhaltiger Berufungsgrund ist, der eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils bewirken könnte. Doch sollten diese spezifischen Gründe nicht darüber hinwegtäuschen, worin die Antragsteller die eigentliche Stoßrichtung der Berufung sehen - nämlich daß die Gesamtheit der Rechtsirrtümer und Verstöße gegen Verfassungsrecht schwerer wiegt als die bloße Summe ihrer Teile und im Ergebnis ein verzerrtes, voreingenommenes und unfaires Verfahren bewirkte, das nicht einmal mehr den Anschein eines ordentlichen Gerichtsverfahrens erweckte.
II. Tatbestand
Seit Ende der 60er Jahre betreibt das Federal Bureau of Investigations (FBI) sogenannte COlNTELPRO-Operationen (Ausforschung, Infiltration, Provokationen etc., d. Red.) gegen die Antragsteller und ihre Mitarbeiter (3). Dieses Verfahren ist ein Resultat dieser Maßnahmen, die ihren Höhepunkt in einem seit über fünf Jahren durchgeführten Projekt gefunden haben, das zutreffend als ein nationales, behördenübergreifendes Sonderprogramm zur "Ausschaltung LaRouches" bezeichnet werden kann. Dieses Sonderprogramm entstand nach wiederholtem Betreiben u.a. seitens des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger. (Vgl. Anhang Nr. 2. Brief Kissingers an den damaligen FBI-Chef Webster vom 19.8.1982 und Mitteilung Websters an FBI-Vizechef Revell vom 12.1.1983 - d. Red.) Die hier angeführten Dokumente belegen, daß Kissinger seinen persönlichen Einfluß auf den damaligen Direktor des FBI, William Webster, geltend zu machen versuchte, um auf eine Strafverfolgung gegen LaRouche und seine Anhänger aus beliebigen Gründen zu drängen. Die offensichtlich politischen Beweggründe erregten international die Aufmerksamkeit und Mißbilligung prominenter Juristen und anderer.
A. Die politischen Aktivitäten der Antragsteller
Im vorliegenden Verfahren bezeichnet die Anklageschrift die Antragsteller als aktive Mitglieder einer philosophischen Vereinigung, des National Caucus of Labor Committees ("NCLC"). Die Vorwürfe gründeten sich auf die implizite Behauptung der Anklagebehörde, der "NCLC" sei eine fortdauernde Verschwörung, deren sämtliche Aktivitäten vom Antragsteller LaRouche kontrolliert und zu dessen Wohlergehen durchgeführt würden.
Die von den Antragstellern im Vorverfahren eingebrachten Anträge bzw. das während des Prozesses vorgelegte Beweismaterial stellten den NCLC als eine Organisation dar, die äußerlich und nach ihrer inhaltlichen Ausrichtung den früher von Leibniz und Franklin gegründeten Vereinigungen entspricht. Der NCLC ist unter anderem dem abendländischen Glauben an das Naturrecht, an die Aufgabe des Menschen, seine produktive Arbeitskraft durch die Investition in wissenschaftlichen und technischen Fortschritt zu steigern, an die ursprüngliche föderative amerikanische Republik als Modell, an das amerikanische System der Politischen Ökonomie, wie es Alexander Hamilton beschrieben hat, und dessen Opposition gegen die Wiederbelebung der Politik Adam Smith' und der britischen Ostindiengesellschaft des 18. Jahrhundert verpflichtet. (4)
Mitglieder des NCLC nehmen weltweit Tätigkeiten wahr, die durch den ersten Verfassungszusatz geschützt sind (Meinungsund Vereinigungsfreiheit - d. Red.). Sie sind dafür bekannt, in Fragen von Regierungspolitik oft äußerst kontrovers erscheinende Positionen zu vertreten. Sie haben sich im "Establishment" mächtige Feinde zugezogen, nicht bloß wegen ihrer Angriffe auf zahlreiche Repräsentanten des "Establishments" (zu denen nach dessen eigenem Bekunden Henry A. Kissinger gehört), sondern insbesondere wegen ihrer politischen Initiativen und Programme, die gegenüber mächtigen Interessen des Establishments als bedrohlich empfunden werden. Der NCLC kämpft gegen den Handel mit sogenannten "bewußtseinserweiternden" Drogen, gegen die Ausbreitung der radikalen Gegenkultur, den Malthusianismus und den Zinswucher. LaRouche und seine Mitarbeiter haben bekanntlich "respektable" Banken wegen Geldwäschepraktiken angegriffen, den Internationalen Währungsfonds beschuldigt, Völkermord in der Dritten Welt zu begehen, und dem liberalen Establishment vorgeworfen, die sogenannte "radikale Gegenkultur" zu fördern.
Abgesehen von der massiven und feindseligen Berichterstattung der Medien, die nachstehend belegt wird, kam ein Großteil der Bevölkerung, und dazu gehören auch die Kandidaten für die Jury, direkt mit LaRouche und seinen Anhängern in Berührung. LaRouche bewarb sich in den Jahren 1980, 1984 und 1988 um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei. 1984 und 1988 finanzierten Wahlkampforganisationen LaRouches insgesamt 21 landesweit ausgestrahlte, halbstündige Fernsehauftritte, in denen einige der oft kontroversen politischen Positionen des Kandidaten dargelegt wurden. Zusätzlich bewarben sich hunderte von Bürgern als Kandidaten der LaRouche-Fraktion innerhalb der Demokratischen Papier um öffentliche Ämter, wobei sie zu Sachthemen ähnliche Vorstellungen wie LaRouche vertraten.
Anhänger LaRouches und des NCLC verbreiten und verkaufen regelmäßig Literatur auf öffentlichen Plätzen wie Flughäfen, Einkaufszentren oder in den Innenstädten und werben per Telefon für ihre Ideen. Ihre Auftritte in der Öffentlichkeit sowie die angesprochenen Probleme rufen häufig heftige Reaktionen hervor. (Vgl. Anhang Nr. 3.)
B. Medienberichterstattung und Angriffe auf LaRouche und seine Anhänger
Von Januar 1974 bis zu Beginn dieses Verfahrens war die Öffentlichkeit einschließlich der potentiellen Geschworenen einer fast einheitlichen und unüberhörbar negativen Medienberichterstattung über LaRouche und seine Anhänger ausgesetzt. (5) Obwohl LaRouche die eigentliche Zielscheibe dieser Verunglimpfungen war, richteten sie sich implizit und oft auch explizit gegen seine Bewegung und all jene, die diese unterstützten, einschließlich gegen die anderen Antragsteller.
Diese negative Berichterstattung steigerte sich nach Umfang und Intensität während der jeweiligen Wahlkampagnen LaRouches um die Nominierung zum Demokratischen Präsidentschaftskandidaten und jedesmal, wenn ein Mitarbeiter LaRouches bei einer Demokratischen Vorwahl oder direkten Wahl gute Wahlergebnisse erzielte. Der Wahlsieg von zwei Anhängern LaRouches bei den Demokratischen Vorwahlen in Illinois im März 1986 veranlaßte Gegner LaRouches wie den nationalen Vorsitzenden der Demokratischen Partei, Paul Kirk, und den Gouverneur von New York, Mario Cuomo, ihre Absicht zu verkünden, die LaRouche-Fraktion innerhalb der Demokratischen Partei mit "rechtlichen oder sonstigen" Mitteln zu zerschlagen. Über diese Tatsache berichteten die Nachrichtenmedien ausgiebig. (Vgl. Anhang Nr. 6.)
In ihren Anträgen vor Prozeßbeginn bezüglich der Auswahl der Jurymitglieder listeten die Angeklagten allein 65 Artikel auf, die seit Oktober 1984 in Zeitungen des östlichen Distrikts von Virginia für die geschilderte feindselige Medienberichterstattung beispielhaft waren. (Vgl. Anhang Nr. 8.) Die auflagenstärkste Zeitung in dieser Gegend, die Washington Post, berichtete besonders gehässig über LaRouche. Einige exemplarische Überschriften der Washington Post sind Indiz für den vorherrschenden Tenor ihrer Berichterstattung:
Seit November 1984, als die oben erwähnten Aktivitäten der Sonderkommission zur "Ausschaltung LaRouches" in Boston zutage traten, verwendeten die maßgeblichen nationalen und regionalen Nachrichtenmedien in ihren Artikeln vertrauliche Informationen aus der Grand Jury sowie Verlautbarungen von Quellen innerhalb der Ermittlungsbehörden, die die anstehenden Rechtsfragen vorab entschieden und der Öffentlichkeit den Eindruck vermittelten, die Antragsteller seien schuldig. (6) Die folgenden, Quellen innerhalb der Ermittlungsbehörden zugeschriebenen Äußerungen, sind einige Beispiele:
C. Der Abbruch des Verfahrens in Boston
Im Oktober 1984 leitete der US-Bundesanwalt in Boston (Massachusetts) eine Grand-Jury-Untersuchung wegen angeblicher bundesweiter betrügerischer Vergehen ein, die Personen und Organisationen im Umkreis LaRouches begangen haben sollten. (Vgl. Anhang Nr. 10) Das Thema dieser Ermittlungen war äußerst breit angelegt und umfaßte Beschuldigungen wie angeblichen Telefonbetrug, Postbetrug, Steuerhinterziehung und andere angeblich bundesweit von der, wie die Regierung sie nannte, "LaRouche-Organisation" begangene Verstöße.
Bei Durchführung dieser bundesweiten Ermittlungen erbat und erhielt der Bundesanwalt in Boston die aktive Unterstützung der Ermittlungsbehörden auf staatlicher und bundesweiter Ebene, darunter des FBI, Secret Service, IRS (Steuerbehörde - d. Red.), des Bundesanwalts in Alexandria, der U.S.-Postbehörde, des Amts für Alkohol, Tabak und Schußwaffen, des Generalstaatsanwalts von Virginia, der Virginia State Corporation Commission (Gewerbeamt - d. Red.) sowie des Sheriffs von Loudoun County. (Vgl. Anhang Nr. 10. Es handelt sich um eine eidesstattliche Versicherung des FBI-Agenten Richard Egan und gerichtlich protokollierte Aussagen des Bostoner Staatsanwalts John E. Markham - d. Red.) Anfang 1986 gab die Regierung diesen bundesweiten Ermittlungen einen formellen Rahmen durch die Einrichtung einer bundesweiten Projektgruppe, die vom Justizministerium und der FBI-Zentrale in Washington, D.C. aus tätig wurde.
Kurz danach trafen sich am 13.-15. Februar 1986 Vertreter dieser Projektgruppe zu einer dreitägigen Konferenz in Boston. (7) (Vgl. Anhang Nr. 11. Teilnehmerliste und Tagesordnung der "LaRouche-Konferenz" - d. Red.) Eines der wesentlichen Ziele dieser Konferenz war die Diskussion der zahlreichen Straftatbestände, auf die sich eine nationale Strafverfolgung gegen LaRouche und seine Anhänger gründen sollte. Dazu gehörten Post- und Telefonbetrug, sowie Verletzungen der Steuergesetze. (Vgl. Anhang Nr. 12. Fernschreiben des FBI vom 17.1.1986- d. Red.)
Unmittelbar nach der Konferenz in Boston verstärkten die Bundesanwälte in Boston und Alexandria ihre gemeinsamen Bemühungen, "LaRouche festzunageln". Als Resultat dieser Anstrengungen wurde am 6. Oktober 1986 in Boston Anklage erhoben. Gleichzeitig führten Bundes- und staatliche Beamte in den Büros der betroffenen Ermittlungsgegner gemeinsam Razzien durch. Am 16. Dezember 1986 und 30. Juni 1987 ergingen neu gefaßte Anklageschriften, wobei die zweite neugefaßte Anklage gemeinsam in Boston und Alexandria verkündet wurde. (Vgl. Anhang Nr. 13. Gemeinsame Presseerklärung der Staatsanwaltschaften vom 2.7.1987- d. Red.)
In Boston begann die Auswahl der Jury am 21. Oktober 1987 und dauerte ungefähr vier Wochen. Die Hauptverhandlung wurde am 17. Dezember 1987 unter Vorsitz von Richter Robert E. Keeton eröffnet. Am 4. Mai 1988 wurde der Prozeß offiziell abgebrochen. Nach dem Verfahrensabbruch wurden die Geschworene von Journalisten des Boston Herald interviewt und erklärten, sie hätten "einstimmig entschieden, LaRouche, seine sechs Mitarbeiter und fünf Organisationen aufgrund der seit Prozeßbeginn am 17. Dezember in dem Verfahren vorgelegten Beweise von allen Anklagepunkten freizusprechen." (Vgl. Anhang Nr. 14. Artikel des Boston Herald vom 5.5.1988 mit der Überschrift: "Die Jury hätte .nicht schuldig' gestimmt" - d. Red.) Einer der befragten Geschworenen erklärte, die fehlerhafte Prozeßführung seitens der Regierung sei der zwingende Grund für seine Stimmabgabe: "Es schien so, als ob die Leute der Regierung die Probleme (für LaRouche) erst geschaffen hatten... und fügte hinzu, daß Beweise ergaben, daß für die Regierung arbeitende Personen möglicherweise an diesem Schwindel beteiligt waren, um den Wahlkampf zu diskreditieren" (s.o.)
Die Staatsanwaltschaft in Boston bemühte sich umgehend um einen neuen Prozeßtermin. Die Antragsteller stellten sich wegen der Verletzung von Prozeßrecht durch die Regierung sowie wegen des Grundsatzes, daß niemand wegen derselben Straftat zweimal vor Gericht gestellt werden darf, gegen eine zweite Strafverfolgung. Während Richter Keeton zwar entschied, es habe "systematisches und institutionelles Fehlverhalten der Staatsanwaltschaft" vorgelegen, beschloß er dennoch, der für den Fall verantwortliche Anklagevertreter habe die Prozeßvergehen nicht "bewußt und absichtlich" begangen, und lehnte deshalb die Anträge der Antragsteller ab. Die Wiederaufnahme des Verfahrens wurde auf den 3. Januar 1989 festgesetzt. (8)
D. Das Verfahren in Alexandria
1. Willkürliche Wahl des Gerichtsstandes durch die Anklage
Angesichts des katastrophalen Ergebnisses in Boston sah sich die Regierung "nach einem neuen Gerichtsstand" um und entschloß sich, die Antragsteller in einem Bezirk mit der raschesten Abwicklung von Kriminalprozessen vor Gericht zu stellen, um auf diese Weise die Gelegenheit zu erhalten, das Verfahren noch vor der Wiederaufnahme in Boston abzuhandeln. Am 14. Oktober 1988, nur wenige Wochen vor den Präsidentschaftswahlen, erhob die Grand Jury in Alexandria eilig Anklage gegen die Antragsteller. Drei der hier Beschuldigten stand die Wiederaufnahme des Prozesses in Boston bevor.
Eine sorgfältige Durchsicht der Anklage in Virginia ergibt, daß sie praktisch mit jener in Boston identisch ist, sowohl hinsichtlich ihrer Stoßrichtung als auch hinsichtlich der für Anklage wie Verteidigung notwendigen Beweise. (Vgl. Anhang Nr. 15. Es handelt sich um eine Analyse der Übereinstimmungen der beiden Anklageschriften von Boston und Alexandria, die dem Antrag der Verteidigung auf Verlegung des Verfahrens von Alexandria nach Boston beigefügt war. - d. Red.) Dementsprechend beantragten die Antragsteller umgehend gemäß Paragraph 21 (b) des Bundesstrafgesetzes, das Verfahren von Alexandria nach Boston zu verlegen. Eine Verlegung hätte eine gewaltige Vervielfachung des Aufwands und die willkürliche Wahl des Gerichtsstands durch die Regierung aufgehoben. Richter Bryan lehnte den Antrag jedoch am 21. Oktober 1988 ab. (Vgl. Anhang Nr. 16. Der Antrag auf Verlegung - d. Red.)
2. Ein schnelles Urteil
Die formelle Anklageverlesung erfolgte am 17. Oktober, zu der die Antragsteller freiwillig erschienen und von der sie auf persönliche Verpflichtung hin wieder entlassen wurden. Anläßlich der Anklageverlesung setzte das Gericht eine Frist für die Einreichung der prozeßvorbereitenden Anträge bis zum 7. November; die entsprechende mündliche Verhandlung sollte am 10. November stattfinden. Die Hauptverhandlung wurde für den 21. November anberaumt, also lediglich 34 Tage nach der Anklageverlesung, obwohl zwei der Angeklagten noch nicht anwaltlich vertreten waren. Aus zahlreichen Gründen, unter anderem auch aus terminlich bedingter Abwesenheit, widersprachen die anwesenden Rechtsbeistände nicht gegen den festgesetzten Prozeßtermin, als dieser festgelegt wurde. Doch wandte sich die Verteidigung in der Folgezeit und wiederholt wegen der Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen sowie der notwendigen Vorbereitungszeit gegen diesen Prozeßtermin. (Vgl. An hang Nr. 17, eidesstattliche Versicherungen der Verteidiger - d. Red.)
Obwohl das Gericht untertreibend eingestand, daß es "die Angeklagten hinsichtlich der Zeit etwas hart herannimmt" (9), wurden alle Anträge auf Verschiebung des Prozeßtermins abgelehnt (10), wobei das Gericht die Auffassung vertrat, daß dieser Fall inhaltlich im wesentlichen mit dem Verfahren in Boston übereinstimme, mit dem die meisten Verteidiger vertraut seien (l l). Diese Auffassung war unzutreffend, da nur drei Verteidiger von Alexandria bereits in Boston aufgetreten waren. (12) Ironischerweise hatte das Gericht sich zuvor geweigert, den Fall nach Boston zu verweisen, da beide Verfahren unterschiedlich seien.
Die Verteidigung wies unter anderem immer wieder darauf hin, daß sie zur Vorbereitung etwa zwei Millionen beschlagnahmte Dokumente durchsehen müsse, mehr als 30 notwendige prozeßvorbereitende Anträge in diesem komplexen Fall einzureichen habe, sich selbst in den Einzelfall jedes Mandanten einarbeiten müsse und eine koordinierte Verteidigung vorzubereiten sei. (Vgl. Anhang Nr. 17, s.o. - d. Red.) Am 18. November 1988 beendete das Gericht alle weiteren Diskussionen über eine Prozeßverschiebung mit der Erklärung: "Ich möchte Ihr Gejammer nicht mehr länger hören ... Ich habe genug von Ihrem Heulen und Wehklagen angehört. Sie sind erwachsene Männer und haben sicherlich schon zuvor einen Prozeß unter ungünstigen Bedingungen durchgefochten." (13) Am 21. November 1988 wurde der Prozeß trotz erneuter Proteste der Verteidiger, daß sie noch nicht bereit seien, ohne Beachtung der Einsprüche eröffnet. (Vgl. Anhang Nr. 9, S. 2. Protokoll vom 21.11.1988 - d. Red.)
Aus dem Protokoll ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß durch diesen überstürzten Prozeßbeginn für die Regierung irgendein Nachteil vermieden werden konnte oder irgendein legitimes Interesse gewahrt wurde.
Am 16. Dezember wurden alle sieben Antragsteller entsprechend der Anklage schuldig gesprochen. Das Gericht entließ alle Antragsteller aufgrund ihrer persönlichen Verpflichtung bis zur Verkündung des Strafmaßes am 27. Januar 1989.
Am 27. Januar 1989 wurden alle sieben Antragsteller zu Freiheitsstrafen verurteilt. (14) Richter Bryan ordnete die sofortige Inhaftierung der Antragsteller an und lehnte ihr Gesuch auf Kautionsbewilligung für die Dauer des Berufungsverfahrens ab.
III. Rechtsausführungen
Das Recht auf eine Verhandlung vor einer unparteiischen Jury ist für unser Rechtssystem grundlegend und dient als entscheidender Schutz vor willkürlicher und politisch motivierter Strafverfolgung. So erkannte der Oberste Gerichtshof im Fall Duncan gegen Louisiana (391 US. S. 145, 156, 1968):
A. Das Distriktgericht verweigerte den Antragstellern eine verfassungsmäßige Befragung der Geschworenenkandidaten und verletzte dadurch ihr ihm sechsten Verfassungszusatz garantiertes Recht auf eine faire und unparteiische Jury
Wie oben bei der Zusammenfassung des Tatbestands im einzelnen dargelegt wurde, waren die Antragsteller über einen ausgedehnten Zeitraum Zielscheibe abträglicher Veröffentlichungen und Verleumdungen von Nachrichtenmedien, die sich an das Publikum jenes geographischen Bereichs richteten, aus dem die Mitglieder der Jury ausgewählt wurden. Angesichts dieser Tatsache hätte das Distriktgericht besonders sorgfältig eine gründlich nachforschende Befragung der Geschworenenkandidaten durchführen müssen, um eine faire und unparteiische Jury sicherzustellen. Stattdessen traf der Richter keine der Vorkehrungen, die für stark beachtete und sensitive Fälle erforderlich sind. Er weigerte sich, den Antragstellern zusätzliche Einspruchsrechte zu gewähren, lehnte alle Anträge bezüglich der Befragung der Geschworenenkandidaten ab und gestattete den Anwälten nicht, die Kandidaten selbst zu befragen. Er verließ sich auf die subjektiven Versicherungen der Kandidaten hinsichtlich ihrer eigenen Objektivität, weigerte sich, eine gesonderte, individuelle Überprüfung jedes Bewerbers durchzuführen und lehnte es ab, Personen aus sachlichen Gründen auszuschließen, die entweder bei Ermittlungsbehörden arbeiteten oder anderweitig enge Verbindung zu diesen hatten. (15)
l. Es wurde keine rechtlich einwandfreie Überprüfung der Geschworenen durchgeführt
Angesichts der oben erwähnten umfangreichen negativen Veröffentlichungen reichten die Antragsteller verschiedene prozeßvorbereitende Anträge ein, die sich mit der Befragung der Geschworenenkandidaten und der Möglichkeit, Vorurteile auszuräumen, beschäftigten. Insbesondere verlangten die Antragsteller, daß die Geschworenenkandidaten einen Fragebogen (16) ausfüllen und allein spezifische Fragen beantworten sollten; dazu gehörte zum Beispiel die Frage, ob sie jemals von Anhängern LaRouches auf Flughäfen angesprochen worden seien. (17) Dessen ungeachtet weigerte sich der Vorsitzende Richter, eine mündliche Erörterung der entsprechenden Anträge zuzulassen, die er alle abwies. Der Verteidigung teilte er mit, daß er den gesamten Auswahlprozeß der Geschworenen selbst durchführen werde.
Die ausschließlich von dem Vorsitzenden Richter vorgenommene Überprüfung fand in Anwesenheit sämtlicher Kandidaten statt. Nur diejenigen Bewerber, die die allgemeinen Fragen des Gerichts bejahten, wurden individuell befragt. Von den zwölf Personen, die schließlich zu Geschworenen bestimmt wurden, waren nur vier individuell befragt worden. Da das Gericht sich außerdem darauf beschränkte, die in Frage kommenden Juroren nur danach zu fragen, ob sie mit Veröffentlichungen lediglich über den vorliegenden Fall konfrontiert worden seien, wurde keiner der potentiellen Geschworenen daraufhin überprüft, ob er Veröffentlichungen, die nicht speziell mit diesem Fall zu tun hatten, gesehen habe, wie etwa die Berichterstattung über die Strafsachen in Boston, Virginia, New York oder Kalifornien, oder die allgemeinen öffentlichen Angriffe auf LaRouche. Auch nach direkten Begegnungen mit Unterstützern LaRouches wurde nicht gefragt.
Nachdem das Gericht die Jury ohne jeden Ausschluß zusammengestellt hatte, gewährte man der Verteidigung eine kurze Pause. Danach konnten die Einsprüche im Schnellfeuer-Verfahren geltend gemacht werden. Da sowohl brauchbare Informationen über die Jury-Kandidaten als auch angemessene Zeit, sich untereinander zu beraten, fehlten, war es der Verteidigung nicht möglich, die ohnehin begrenzte Zahl von zehn Einsprüchen sinnvoll einzusetzen.
Die Auswahl der gesamten Jury dauerte weniger als zwei Stunden und füllt lediglich 68 Seiten des Wortprotokolls. (18) 28 Personen der insgesamt 75 Kandidaten entließ der Vorsitzende Richter gleich zu Anfang wegen "unzumutbarer Härte". (19) Von den verbliebenen 47 gaben 25 zu, aufgrund öffentlicher Berichterstattung von dem anstehenden Strafprozeß gehört zu haben. (20) Das Distriktgericht entließ weitere 19 Kandidaten, 16 davon, weil sie sich aufgrund der Publizität des Falls eine negative Meinung gebildet hatten oder weil sie aus anderen Gründen selbst an ihrer Unparteilichkeit zweifelten. (21) Sieben der auf diese Weise entschuldigten Bewerber durften vor den verbleibenden Jury-Kandidaten offen erklären, daß sie etwas über diesen Fall gelesen, gehört oder gesehen hatten, was sie gegen die Antragsteller eingenommen hätte und ihre Unparteilichkeit ausschließe. Die Verteidigung erhob Einspruch gegen diese Erklärungen vor dem gesamten Gericht, weil sie unweigerlich die übrigen Kandidaten negativ beeinflussen mußten. (Vgl. Anhang Nr. 9, S. 12 und 35.) Wie bei praktisch allen Einsprüchen oder Anträgen der Verteidigung nahm der Richter diese lediglich zur Kenntnis und setzte den von Anfang an unzureichenden Befragungsprozeß fort.
Angesichts des engen Rahmens und der Kürze der gesamten Befragung fand im wesentlichen keine Überprüfung der Geschworenen statt. Zudem wissen die Antragsteller, nachdem der Richter den nach Prozeß eingereichten Antrag der Antragsteller auf eine Gesprächsmöglichkeit mit den Juroren abgelehnt hatte, immer noch relativ wenig über die Jury. Man wußte schon während der Auswahl, daß mindestens zwei bestätigte Geschworene - Horton und Connor - bei Regierungsbehörden angestellt waren, doch dies war praktisch schon alles.
Tatsächlich erfuhr man nach Prozeßende, daß der Geschworene Horton, der auch als Sprecher der Jury füngierte, Mitglied einer Sonderabteilung im amerikanischen Landwirtschaftsministerium und einer der Vertreter dieses Ministeriums in einem behördenübergreifenden Sondergremium von etwa 100 Personen ist. Dieses Sondergremium ist für die Vorbereitung auf Notstandssituationen sowie sensitive Angelegenheiten der Nationalen Sicherheit zuständig und steht unter Aufsicht der Federal Emergency Management Administration (F.E.M.A., Bundesnotstandsbehörde - d. Red.). (22) Horton arbeitete in diesem Gremium mit Oberstleutnant Oliver North zusammen sowie mit einem Vertreter des stellvertretenden FBI-Direktors Revell; wie der Prozeß in Boston dokumentierte, waren beide in Operationen gegen LaRouche verwickelt.
Das amerikanische Landwirtschaftsministerium war Gegenstand von über 200 Artikeln, die von Mitarbeitern LaRouches veröffentlicht wurden. (23) Viele davon übten scharfe Kritik an der Politik des Ministeriums. Außerdem finanzierten Wahlkampforganisationen LaRouches im Oktober 1988 zwei landesweite Fernsehsendungen zur besten Sendezeit, die sich mit der weltweiten Nahrungsmittelkrise beschäftigten. Diese Sendungen griffen besonders das Landwirtschaftsministerium an. (24) Da Horton zum Geschworenen ernannt wurde, ohne eine einzige spezifische Frage beantworten zu müssen, hatten die Antragsteller keine Gelegenheit, seine mögliche Voreingenommenheit oder Zusammenhänge zwischen seinen amtlichen Aufgaben und Operationen gegen LaRouche zu entdecken.
2. Verfassungsrechtliche Mängel der Juryauswahl
Die Notwendigkeit, dem Angeklagten im Strafverfahren einen fairen Prozeß vor einer unparteiischen Jury zu garantieren, ist umso größer in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem stark umstrittene Persönlichkeiten betroffen sind, die Zielscheibe schwerer öffentlicher Verleumdungen gewesen waren. (Sheppard gegen Maxwell, 384 U.S. S. 333, 1966; Irvin, s.o., S. 725-728.) Angesichts der großen Wahrscheinlichkeit unzulässiger Beeinflussung von außen, dazu zählt auch die Berichterstattung vor Prozeßbeginn, war es die Pflicht des Richters mit entsprechend größerer Sorgfalt alle Aspekte einer Prozeßbeeinflussung von außen zu prüfen, "die dazu führen könnten, daß die Rechte eines Angeklagten zunichte gemacht oder eingeschränkt werden." (Silverthorne gegen Vereinigte Staaten, 400 F.2d S. 627, 637, 9. Gerichtsbezirk, 1968. Vergleiche auch Wells gegen Murray, 831 F.2d S. 468, 471, 4. Gerichtsbezirk, 1987; Wansley gegen Slayton, 387 F.2d S. 90, 92, 4. Gerichtsbezirk, 1973; Vereinigte Staaten gegen Milanovich, 303 F.2d S. 626, 629, 4. Gerichtsbezirk, 1962.) Im vorliegenden Fall verweigerte das Gericht jedoch jede ernsthafte Bemühung, Befangenheit aufzudecken und somit eine unparteiische Jury zu gewährleisten. Die diesbezüglichen Beweggründe des Gerichts traten nach Prozeßende augenfällig zu Tage, als der Vorsitzende Richter gegenüber der Verteidigung erklärte:
a. Die Befragung war in verfassungswidriger Weise zu allgemein
Mindestens sechs Bundesgerichte vertraten die Auffassung, daß immer dann, wenn eine berechtigte Wahrscheinlichkeit besteht, daß Geschworene mit möglicherweise vorurteilsbehaftetem Material konfrontiert gewesen sein können, das Gericht jeden Kandidaten individuell überprüfen muß. (Vgl. Silverthorne, wie oben; Vereinigte Staaten gegen Schrimsher, 493 F.2d S. 848, 5. Gerichtsbezirk, 1974; Vereinigte Staaten gegen Bryant, 471 F.2d S. 1040, Gerichtsbezirk D.C" 1974; Vereinigte Staaten gegen Addonizio, 451 F.2d S. 49, 3. Gerichtsbezirk, 1971; Vereinigte Staaten gegen Tropiano, 418 F.2d S. 1069, 2. Gerichtsbezirk, 1969; Patriarca gegen Vereinigte Staaten, 402 F.2d S. 314, l. Gerichtsbezirk, 1968.)
Im Silverthorne-Fall z.B., der schon vor Prozeßbeginn mit erheblicher Publizität belastet war, hatte das Obergericht des Neunten Gerichtsbezirks erhebliche Bedenken, weil "nur fünf der bestellten Geschworenen vom Gericht einer Einzelbefragung unterzogen worden waren." (a.a.O. S. 639.) Da die Publizität vor Prozeßbeginn die Wahrscheinlichkeit einer befangenen Jury erhöhte, befand das Gericht, daß jeder einzelne Geschworenenkandidat allein hätte befragt werden müssen. Insbesondere vertrat das Gericht die Auffassung, daß der Vorsitzende Richter ".. . eine sorgfältige, individuelle Überprüfung Jedes einzelnen Geschworenen ohne Anwesenheit der übrigen Juroren" hätte durchführen müssen. (a.a.O. S. 639)
Es besteht kein Zweifel, daß im vorliegenden Fall höchstwahrscheinlich Geschworene durch äußere Einflußnahme befangen waren. Wie im Silverthorne-Fall war der vorliegende Fall durch vorurteilsbehaftete Berichterstattung vor Prozeßbeginn gekennzeichnet. Zudem war nicht auszuschließen, daß einzelne Juroren schon vorher mit Anhängern LaRouches oder ihrer Literatur in Kontakt gekommen waren, aber auch mit negativen Veröffentlichungen vor Prozeßbeginn, die sich nicht speziell auf diesen Fall bezogen (25). Nur vier der endgültig ausgewählten Geschworenen wurden persönlich befragt - d.h. einer weniger als im Fall Silverthorne - und keine der einzelnen Fragen bezog sich auf die Berichterstattung vor Prozeßbeginn oder darauf, ob der Geschworene mit den Antragstellern oder ihrer politischen Bewegung Kontakt hatte, etwas über sie wußte oder sich eine Meinung gebildet hatte.
Die Tatsache, daß keiner der ernannten Geschworenen die Frage des Vorsitzenden Richters nach Kontakt mit vereingenommenen Berichten über den vorliegenden Fall bejahte, besagt nicht, daß keiner der Geschworenen tatsächlich von solchen Berichten beeinflußt wurde. (Vgl. Silverthorne, 400 F.2d S. 640: Das Ausbleiben von Antworten auf allgemeine Fragen des Gerichts bedeutet nicht, daß "die Berichterstattung nicht irgendein Mitglied der Jury hätte negativ beeinflussen können".) Jeder Kandidat, der seine Voreingenommenheit verbergen wollte, brauchte nur die allgemeinen Fragen des Richters nicht zu bejahen. (Vgl. McDonough Power Equipment Inc. gegen Greenwood, 464 U.S. S. 548, 557, 1984, mit abweichender Meinung J. Brennan und J. Marshall: "Ein Geschworener wird seine Befangenheit kaum selbst zugeben, teilweise weil der Geschworene daran interessiert sein dürfte, seine Befangenheit zu verbergen..." (Primär fundsteile nicht angeführt). Ähnlich möchte ein Geschworener, der sich über seine Voreingenommenheit nicht bewußt ist, diese Befangenheit nicht zugeben, oder bliebe unentdeckt, wenn er aus Nachlässigkeit die allgemeinen Fragen des Richters unbeantwortet gelassen hatte. (Vgl. Kiernan gegen Van Schiak, 347 F.2d S. 755, 779, 3. Gerichtsbezirk 1965: "Geschworene sind sich häufig über ihre Untauglichkeit für spezifische Fälle nicht im Klaren"; Vereinigte Staaten gegen Allsup, 566 F.2d S. 68, 71, 9. Gerichtsbezirk 1977: "Viel häufiger wollen Geschworene ihre tatsächliche Befangenheit nicht eingestehen.") Im vorliegenden Fall zog das Untergericht die Versuche, die Geschworenen auf Befangenheit oder Vorurteile zu prüfen, ins Lächerliche, indem er sie mit dem Antrag auf eine "psychiatrische Untersuchung" dieser Juroren verglich. (Vgl. Anhang Nr. 23.)
Indem der Richter auch nach Ende des Verfahrens eine Überprüfung der Geschworenen verweigerte (26), nahm er den Antragstellern die Möglichkeit zu zeigen, inwieweit die durch den Richter vorgenommene Befragung Vorurteile erzeugt hatte. Nichtsdestoweniger zeigten zwei kürzliche Prozesse, ein Verfahren u.a. gegen die Antragsteller LaRouche und Spannaus in Boston sowie ein anderes in Loudoun County, Virginia, gegen eine Anhängerin LaRouches, daß die Geschworenenkandidaten nicht auf ihrer anfänglich bekundeten Unparteilichkeit bestanden, sobald die Verteidigung eine angemessene spezifische Befragung durchführen durfte. (Vgl. Anhang Nr. 24 - Eidesstattliche Versicherungen der Rechtsanwälte Odin P. Anderson und John P. Flannery, II. über die Jury-Auswahl in Boston - d. Red.)
Erfahrungsgemäß erzielen "allgemeine Fragen nach Unparteilichkeit, wenn sie sich an die Gruppe als Ganze richten, kaum Eingeständnisse über Parteilichkeit." (Vgl. Jordan gegen Lippman, 763 F.2d S. 1265, 1281 Fußnote 19; 11. Gerichtsbezirk, 1985.) Angesichts der Erkenntnis, daß "wir keine Mühe scheuen dürfen, um eine unparteiische Jury zu gewährleisten", war der verantwortliche Richter im vorliegenden Fall verpflichtet, jeden einzelnen Geschworenen sorgfältig zu überprüfen. (Vgl. Vereinigte Staaten gegen Dennis, 183 F.2d S. 201, 226, 2. Gerichtsbezirk, 1950, durch Obergericht bestätigt, U.S. S. 494, 1951). Daß er dies versäumte, stellt einen behebbaren Verfahrensmangel dar.
b. Der Vorsitzende Richter verließ sich irrtümlich auf die subjektiven Einschätzungen der Geschworenen.
Da keine Überprüfung vorgenommen wurde, deren Ergebnisse eine objektive Entscheidungsgrundlage für das Gericht geschaffen hätten, "reicht die rein formelle Versicherung der Geschworenen, sie seien unparteiisch, nicht aus (um diese Unparteilichkeit zu überprüfen). (Vgl. Silverthorne, 400 F.2d S. 638, Primärfundstelle nicht angeführt.) Im vorliegenden Fall holte der Richter lediglich die Objektivitätsbekundungen der Geschworenen ein und verließ sich darauf. Er prüfte diese Versicherungen nicht nach und gestattete dies auch der Verteidigung nicht. (Vgl. Vereinigte Staaten gegen Addonizio, 451 F.2d S. 49, 67, 3. Gerichtsbezirk, 1971: Das Gericht lehnte von sich aus jeden Geschworenenkandidaten ab, der zu erkennen gab, daß er vor Prozeßbeginn in großem Umfang Propaganda ausgesetzt war, ungeachtet der Behauptung, unvoreingenommen zu sein.)
So hielt der verantwortliche Richter bei der Überprüfung der Kandidatin Chapin, deren Ehemann ein pensionierter FBI-Agent ist, zum Beispiel folgenden Wortwechsel für ausreichend:
Da es der Vorsitzende Richter versäumte, eine objektive Grundlage zu schaffen, um die Objektivität jedes einzelnen Geschworenen beurteilen zu können, und er außerdem durchgängig auf die subjektive Einschätzung der Kandidaten hinsichtlich ihrer eigenen Unparteilichkeit vertraute, liegt eine unzulässige Verantwortungslosigkeit vor, die eine Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung zur Neuverhandlung erfordert. Während "es genügt, wenn der Geschworene von seinem persönlichen Eindruck oder seiner Meinung absehen und nur auf Grundlage der im Prozeß vorgelegten Beweise ein Urteil fällen kann" (Irwin, 366 U.S. S. 722-723), darf die Entscheidung darüber, ob dieser "Geschworene (tatsächlich) einzig und allein auf Grundlage der im Gerichtssaal vorgelegten Beweise urteilen kann, nicht im alleinigen Gutdünken dieses Geschworenen selbst liegen." (Silverthorne, a.a.O. S. 638, mit Zitat aus Vereinigte Staaten gegen Largo, 346 F.2d S. 253, 257, 7. Gerichtsbezirk, 1965, abweichende Meinung. Übereinstimmend in Vereinigte Staaten gegen Davis, 583 F.2d S. 190, 197, 5. Gerichtsbezirk, 1978: Der Jury-Kandidat "ist denkbar schlecht geeignet, eine Entscheidung über seine eigene Unparteilichkeit zu treffen". Vgl. auch die Statuten der Amerikanischen Anwaltsvereinigung über ein faires Verfahren und eine freie Presse, Kommentar S. 8-44: "Es besteht die Tendenz ... die Fähigkeit zur Objektivität zu überschätzen")
Offensichtlich kann man sich bei Verfahren, die wie der vorliegende Fall starkes öffentliches Interesse erregen, nicht darauf verlassen, daß die Geschworenen-Kandidaten ihre eigene Unparteilichkeit objektiv richtig einschätzen. Vielmehr muß das Gericht diese Entscheidung nach einer angemessenen Befragung selbst treffen. (Vgl. Vereinigte Staaten gegen Largo, a.a.O. S. 257.) Im vorliegenden Fall war das Verfahren eindeutig unzulänglich.
c. Der Vorsitzende Richter unterließ es, die Geschworenen auf Einflußnahme von außen zu überprüfen.
Anstatt der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Jurorenbefragung in einem publizitätsträchtigen Fall Rechnung zu tragen, betrachtete der Richter dieses Vorgehen lediglich als "Nebelkerzen" und verweigerte der Verteidigung jede Gelegenheit, die in Frage kommenden Juroren zu befragen. Während es dem Gericht zusteht, das Jury-Auswahlverfahren selbst zu leiten, haben die Gerichte anerkannt, daß diese Befugnis nicht unbegrenzt ist und ein Befragungsverfahren ohne Beteiligung der Verteidigung praktisch bedeutungslos ist. (Vgl. Vereinigte Staaten gegen Corey, 625 F.2d S. 704, 707, 5. Gerichtsbezirk, 1980: Der Richter kann nur schwer die spezifischen Fragen stellen, da er nicht das gleiche Verständnis für die Komplexitäten und Nuancen eines spezifischen Falls aufbringt wie die Verteidiger; Silverthorne, 400 F.2d S. 638: Wenn das Gericht die Befragung der Geschworenen-Kandidaten selbst durchführt, "muß es bei der Bewilligung oder Ablehnung von der Verteidigung vorgeschlagener zusätzlicher Fragen fehlerfreies richterliches Ermessen ausüben," Vereinigte Staaten gegen Lewin, 467 F.2d S. 1132, 1138, 7. Gerichtsbezirk, 1972.) Wenn somit das Gericht darauf besteht, die Befragung selbst vorzunehmen, sollte es "die Vorteile von der Verteidigung bereits vorgenommener Recherchen und Nachforschungen (zumindest) angemessen in Betracht ziehen" und den Geschworenen-Bewerbern die Fragen der Verteidigung vorlegen. (Vgl. Corey, 625 F.2d S. 708.) Im vorliegenden Fall tat dies das Gericht nicht, sondern lehnte alle Anträge der Angeklagten zu diesem Punkt vor Prozeßbeginn ab.
Zwei der entscheidensten Elemente der Befragung, wie sie von der Verteidigung vorgeschlagen wurde, betrafen erstens die Frage, inwieweit die Kandidaten mit voreingenommenen Berichten, die sich nicht spezifisch auf den Fall bezogen, in Berührung gekommen waren, und zweitens, ob irgendeiner der Kandidaten, seiner Verwandten oder Freunde jemals Kontakt mit Mitgliedern oder der Literatur der mit LaRouche in Verbindung stehenden Bewegung gehabt hatte. Keines dieser Themen griff der Vorsitzende Richter jemals auf. Es ist somit durchaus möglich, daß einige, wenn nicht alle der zwölf bestellten Geschworenen unter anderem die NBC- Fernsehsendung gesehen hatten, in der LaRouche als "kleiner Hitler" bezeichnet wurde, oder die Artikel in der Washington Post gelesen hatte, in denen er als politischer Extremist und Sektenführer bezeichnet wurde, oder daß die Geschworenen mit von den Medien ausgestreuten Behauptungen konfrontiert worden waren, wonach die "LaRouchies" Indoktrinierungs-Lager für Kinder organisierten. Genauso ist es möglich, daß einer der Geschworenen, ein Mitglied seiner Familie oder seines Freundeskreises in der Öffentlichkeit einen Anhänger LaRouches getroffen hat, zu Spenden aufgefordert, telefonisch oder brieflich angesprochen wurde oder politische Literatur der Antragsteller gelesen hatte.
Die Bedeutung der von den Antragstellern vorgeschlagenen Befragung ergibt sich am deutlichsten aus einer Überprüfung des Wortprotokolls der Geschworenenbefragung selbst. So gab der Geschworene Sticket auf die Frage nach Berichten, die sich speziell auf den ansiehenden Prozeß bezogen, glücklicherweise von sich aus die folgenden, nicht auf die eigentliche Frage eingehenden Antworten:
Ein anderer Geschworenenkandidat, Richard Bradie, räumte freiwillig ein, wiederum ohne auf die ursprüngliche Frage einzugehen, daß seine Unparteilichkeit zwar nicht durch die Lektüre der Berichte über diesen Fall beeinträchtigt worden wäre, er sich aber aufgrund von Kontakten mit Anhängern LaRouches in der Öffentlichkeit eine ablehnende Meinung gebildet habe:
Wie diese beiden Wortwechsel beispielhaft zeigen, war der von den Antragstellern vorgeschlagene Befragungsweg nicht nur angemessen, sondern von entscheidender Bedeutung. Damit war beabsichtigt, wichtige und nützliche Informationen nicht nur hinsichtlich der Ablehnung aus Sachgründen zu erfragen, sondern auch der Verteidigung zu ermöglichen, sinnvoll von der begrenzten Zahl ihrer Ausschlußoptionen Gebrauch zu machen. Ohne die freiwilligen, gar nicht auf die Frage bezogenen Erklärungen der Jury-Kandidaten Stickel und Bradie hätten beide ohne weiteres als Geschworene bestellt werden können. Weil die geeigneten Fragen nicht gestellt wurden, läßt sich im Nachhinein nicht feststellen, wieviele der bestätigten Geschworenen gegebenenfalls eine ähnliche Befangenheit an den Tag gelegt hätten. Da der Vorsitzende Richter nicht unbeschränkt vorgeschlagene Fragen ignorieren kann (vgl. Lewin, 467 F.2d S. 1138), liegt in der Weigerung des Richters, diesen äußerst wichtigen Befragungsweg einzuschlagen, ein behebbarer Rechtsirrtum.
d. Den Antragsstellern wurde verwehrt, von ihren Ausschlußoptionen wirksamen Gebrauch zu machen. Das selbständige Ausschlußrecht gilt als "eine der wichtigsten Rechtsgarantien des Angeklagten." (Vgl. Vereinigte Staaten gegen Rucker, 557 E2d S. 1046, 1048, 4. Gerichtsbezirk, 1977, mit Bezug auf Pointer gegen Vereinigte Staaten, 151 U.S. S. 396, 408, 1894.)
Im Fall Swain gegen Alabama, 380 LJ.S. S. 202, 1965, erklärte der Oberste Gerichtshof: "Die Funktion des Ausschlußrechts besteht nicht allein darin, extreme Parteilichkeit auszuschalten ... sondern den Parteien zu garantieren, daß die Geschworenen, vor denen der Fall verhandelt wird, ihre Entscheidung allein auf Grundlage der ihnen vorgelegten Beweise und aus keinen anderen Beweggründen fällen." (a.a.O. S. 219) Diese Funktion wird aber unterlaufen, wenn das Ausschlußrecht ohne entsprechende nützliche Informationen, auf die sich vernünftigerweise ein Ausschluß gründen sollte, ausgeübt werden muß. (Vereinigte Staaten gegen Ledee, 549 F.2d S. 990,993,5. Gerichtsbezirk, 1977.)
Die Jurorenbefragung durch den Vorsitzenden Richter gab der Verteidigung keine Gelegenheit, sich die Informationen zu beschaffen, die für einen wirksamen Gebrauch des Ausschlußrechts notwendig gewesen wären. (Vgl. Vereinigte Staaten gegen Rucker, a.a.O. S. 1049: "Eine angemessene Jurorenbefragung durch das Gericht steht in unabdingbarem Zusammenhang mit der Möglichkeit des Angeklagten, von seinem Ausschlußrecht vernünftig und sinnvoll Gebrauch zu machen*'.) Zusätzlich zu all den Unzulänglichkeiten, die schon erwähnt wurden, wurde der Auswahlprozeß so rasch durchgeführt, daß die Verteidigung sich außer Stande sah, selbst die wenigen ihr zugänglichen Informationen wirksam einzusetzen oder ihre Verwendung mit den anderen sechs Verteidigern zu koordinieren. (Vgl. Anhang Nr. 24, s.o. - d. Red.)
Der schon erwähnte Fall des Jurors Horton unterstreicht eindrucksvoll die Tatsache, daß den Antragstellern im vorliegenden Fall eine sinnvolle Gelegenheit zum Gebrauch ihres Ausschlußrechts verwehrt wurde. Mit Sicherheit hätten die Antragsteller den Geschworenenkandidaten Horton abgelehnt, wenn eine angemessene, forschende Befragung durchgeführt worden wäre. Dieser Fehler bedarf der Korrektur. (Vgl. Vereinigte Staaten gegen Rucker, a.a.O. S. 1049: "Eine Befragung von Geschworenen, die die Möglichkeiten des Angeklagten zum sinnvollen Einsatz seines Ausschlußrechts beschneidet, ist ein Grund zur Aufhebung des Urteils, ungeachtet des entstandenen Nachteils")
e. Der Vorsitzende Richter zwang die Antragsteller, ihr wertvolles Ausschlußrecht zu vergeuden.
Es ist durchaus herrschende Auffassung, daß, wenn eine Partei gezwungen wird, ihr Ausschlußrecht an Personen zu vergeuden, die nach Sachlage sowieso ausgeschlossen werden müßten, ein behebbarer Verfahrensfehler vorliegt. (Vgl. Vereinigte Staaten gegen Rucker, a.a.O. S. 1049; Vereinigte Staaten gegen Nell, 526 F.2d S. 1223,1229 5. Gerichtsbezirk, 1976. Vgl. auch Swain gegen Alabama, a.a.O. Die Antragsteller waren nicht nur gezwungen, ihre Ausschlußrecht gegen zwei solcher Kandidaten geltend zu machen - die Juroren Mitchell und Chapin -, sondern wurden auch tatsächlich davon abgehalten, ihre letzte Ausschlußoption zu gebrauchen, da sie befürchteten, daß ein dritter Kandidat, der FBI-Angestellte Usery, als Geschworener bestellt würde. Obwohl sie ihre Unparteilichkeit beteuerten, hätte der Vorsitzende Richter diese drei Kandidaten aufgrund vorausgesetzter Befangenheit ausschließen müssen. (28)
Mindestens fünf Richter des amtierenden Obersten Gerichtshofs haben die Anwendung des Grundsatzes der "impliziten Befangenheit" unter außergewöhnlichen Umständen anerkannt. (29) Bemerkenswerterweise nennt Richterin O'Conner, die Urheberin der Lehre von der "impliziten Befangenheit", als Beispiel für einen solch "außergewöhnlichen" Umstand "die Enthüllung, daß ein Geschworener Juror praktisch ein Angestellter der Strafverfolgungsbehörde ist'.' (30). (Vgl. Smith gegen Phillips, 455 U.S. S. 209, 222, 1982, mit zustimmender Meinung J. O'Connor, Hervorh. d. Verf.; zustimmend auch Person gegen Miller, 854 F.2d S. 656, 664, 4. Gerichtsbezirk, 1988: Hier wird der Grundsatz der "impliziten Befangenheit" übernommen, jedoch auf extreme Situationen entsprechend den von Richterin O'Connor angeführten Beispielen beschränkt.
Nachdem die Verteidigung den Richter wiederholt aufgefordert hatte, alle Geschworenenkandidaten aus Sachgründen auszuschließen, die mit Behörden, die in diesem Fall ermittelt hatten, in Verbindung standen, wandte der Vorsitzende Richter - wissentlich oder nicht - die Lehre der "impliziten Befangenheit" an und schloß die Geschworenen Schabacker und Kutzlo allein deshalb aus, weil sie Angestellte des IRS (Steuerbehörde, d. Red.) waren (31). Da jedoch die Geschworenen Schabacker und Kutzlo auf ihrer Unparteilichkeit ebenso vehement beharrt hatten wie die Juroren Mitchell, Chapin und Usery, gibt es keine prinzipielle Begründung für die unterschiedliche Behandlung zwischen Angestellten des IRS und solchen des Justizministeriums und des FBI.
Da den Antragstellern lediglich zehn Ausschlußoptionen zugestanden wurden (32), beging der Vorsitzende Richter einen heilbaren Rechtsirrtum, als er die Antragsteller zwang, mehrere Ausschlußoptionen auf Personen anzuwenden, die bereits aus Sachgründen hätten ausgeschlossen werden müssen.
Zusammengefaßt läßt sich sagen, daß jede der oben aufgeführten fünf Unzulänglichkeiten für sich genommen schon einen hinreichender Grund für die Aufhebung der Urteile in diesem Fall sowie für die Zurückverweisung zur Neuverhandlung darstellt. Betrachtet man zudem die Prozedur der Jury-Auswahl als Ganze, so ist die Verletzung von Verfassungsrecht noch schwerwiegender. Kurzum, man verweigerte den Angeklagten eine verfassungsrechtlich sinnvolle Befragung der Geschworenenkandidaten.
B. Durch die Ablehnung des Antrags der Angeklagten auf Vorlage von Entlastungsmaterial und Bewilligung des Regierungsantrags auf Begrenzung des Beweismaterials ("in limine"), nahm das Gericht den Angeklagten ihr verfassungsmäßiges Recht, ihren Fall einer fairen und unparteiischen Jury vorzutragen
1. Der Antrag der Angeklagten auf Vorlage von Entlastungsmaterial
Einer der wichtigsten prozeßvorbereitenden Anträge der Antragsteller war ihr "Antrag auf Herausgabe von entlastendem Beweismaterial." Dieser Antrag war sehr spezifisch und detailliert und bestand in zahlreichen unterschiedlichen Anforderungen von bestimmten Kategorien von Entlastungsmaterial. Jede Anforderung wurde in einem beigefügten Memorandum erläutert, das den Bezug zu spezifischen Teilen der Anklage herstellte und im einzelnen die Anhaltspunkte für die Existenz der angeforderten Informationen darlegte und weshalb diese schuldbefreiend sind. (33)
Die diesen Forderungen zugrundeliegende Prämisse bestand darin, daß von der Regierung veranlaßte Infiltration und andere Formen der Einmischung dazu beigetragen haben, daß die Antragssteller ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen konnten, ein für den Tatvorwurf des "Darlehensbetrugs" offenkundig zentraler Sachverhalt. (Siehe Rechtsausführungen weiter unten, 2. a.) So führten die Antragsteller in ihrem Memorandum aus:
2. Der "in-limine"-Antrag der Regierung nahm den Antragstellern das Recht, der Jury entscheidendes Beweismaterial vorzulegen
Gleichzeitig mit einer ablehnenden Erwiderung auf den "Brady"-Antrag der Antragssteller reichte die Regierung einen "in-li-mine"-Antrag ein (35), der die Verteidigung daran zu hindern suchte. Beweismaterial in den Prozeß einzuführen oder Zeugen der Anklage im Kreuzverhör zu befragen, soweit folgende Punkte berührt würden: l. frühere Ermittlungen des FBI, Infiltrationsversuche sowie der Einsatz von Informanten; 2. Behauptungen der Antragsteller, die Regierung betreibe seit 17 Jahren über das FBI, die CIA und andere Behörden Einschüchterungs- und Verfolgungsmaßnahmen gegen den Antragsteller LaRouche und seine Anhänger; 3. die Behauptung der Antragsteller, daß ihre Unfähigkeit, Kredite, die sie entsprechend der Anklage angeblich in betrügerischer Absicht vereinbart haben sollen, zurückzuzahlen, weitgehend auf "finanzielle Kriegführung" seitens der Regierung zurückgeht; 4. die Tatsache, daß die Zwangskonkurse von Organisationen der Antragsteller auf Betreiben der Regierung eingeleitet wurden.
Der "in-limine"-Antrag der Regierung wurde den Antragstellern am 9. November 1988, einen Tag vor seiner mündlichen Erörterung, zugestellt. Aufgrund des späten Erhalts hatten die Antragsteller keine Zeit, eine schriftliche Antwort abzufassen oder angemessen Argumente vorzubereiten. Dennoch gab das Gericht dem Antrag der Regierung in allen entscheidenden Punkten statt (36). Damit hinderte das Gericht die Antragsteller daran, ihre grundlegendste Verteidigung vorzubringen. Zusätzlich wurden die Antragsteller und die Verteidigung dadurch gezwungen, ihre Strategie für einen Prozeß, der bereits elf Tage später begann, vollkommen und grundlegend umzuarbeiten. Indem das Gericht dem prozeßvorbereitenden "in-limine"-Antrag der Regierung stattgab, verletzte es das im sechsten Verfassungszusatz garantierte Recht der Antragsteller, der Jury eine umfassende Verteidigung vorzulegen.
Das Oberste Gericht hat die Notwendigkeit anerkannt, einem Angeklagten das Recht auf die vollständige Darlegung der Tatsachen einzuräumen:
a. Beweise für von der Regierung veranlaßte Einschüchterungsund Störmaßnahmen
In Boston waren die Angeklagten in der Lage, Beweismaterial über langjährige Anstrengungen der Regierung, darunter des FBI und der CIA, vorzulegen, die Infiltrationsversuche, Untersuchungen, Ausspähungen und Provokationen (COINTELPRO) oder COINTELPRO-ähnliche Operationen gegen LaRouche und seine Anhänger dokumentierten. Diese Aktivitäten waren direkt Gegenstand von Unterlagen, die bei den Antragstellern beschlagnahmt worden waren und in Boston und Alexandria von der Anklage als Beweismaterial zu Protokoll gegeben wurden. Richter Keeton räumte ein, daß Fragen der Infiltration sowie finanzielle Kriegführung durch die Regierung untrennbar mit der Frage der Motive, Absichten und Auffassungen der Angeklagten verbunden seien. (Vgl. Anhang Nr. 28 - Begründung Richter Keetons vom 8.4.1988 für den Beschluß des Verfahrensabbruchs - d. Red.) In Alexandria standen diese Fragen im Mittelpunkt der Verteidigung, was den Vorwurf des Darlehensbetrugs betraf, da derartige Maßnahmen der Regierung dazu beigetragen haben, daß die betroffenen Organisationen ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen konnten, was ihnen die Anklageschrift vorwirft. Die Bedeutung dieses Beweismaterials im Bostoner Verfahren wird angesichts der Probeabstimmung der Geschworenen und anderer Äußerungen deutlich. (Vgl. Anhang Nr. 14 - vorerwähnter Artikel des Boston Herald vom 5.5.1988 - d. Red.)
Die Gerichte haben immer wieder Bedenken geäußert, daß die weit gefaßte Anwendung von "in-limine"-Entscheidungen im Vorverfahren, die das Vorbringen einer vollständigen Verteidigung vor einer Jury unterbinden, das grundlegende Recht des Angeklagten auf einen fairen Prozeß sowohl in gewöhnlichen als auch in politisch heiklen Verfahren unterlaufen. So führte ein Gericht aus: "Das vorrangige Ziel eines "in-limine"-Antrags ist, Nachteile im Prozeßverlauf zu verhindern ... doch darf er nicht dazu benutzt werden, eine stichhaltige Verteidigung im Strafverfahren zu unterdrücken". (State gegen Quick, 597 P.2d S. 1108, 1112, Kan., 1979.) Im Fall People gegen Brumfield, 390 N.E.2d S. 589, 594, 111. App., 1979, erklärte das Gericht:
"Der 'in-limine'-Antrag hat das Potential, einem Angeklagten im Strafverfahren die Chancen vor Gericht zu nehmen ... Ob es dem Angeklagten gelingt, sich so substantiiert zu verteidigen, daß die Jury nachdenklich wird, bleibt bis zum Abschluß der Beweisaufnahme offen, aber ein Angeklagter hat das Recht, seine Verteidigung im Prozeß darzulegen ... Urteile im Beschlußverfahren sind in seltenen zivilrechtlichen Auseinandersetzungen zulässig, aber niemals in Strafverfahren."
Im Fall Vereinigte Staaten gegen Contento-Pachon, 723 F.2d S. 691, 9. Gerichtsbezirk, 1984, erließ das Gericht einen "in-limi-ne"-Beschluß, um die auf eine angebliche Zwangssituation aufgebaute Verteidigung in einem Drogenprozeß auszuschließen. Der Angeklagte versuchte zu beweisen, daß er Kokain geschmuggelt habe, weil er und seine Familie bedroht worden seien und er keinen Ausweg sah, da er die kolumbianische Polizei für korrupt hielt. Das Berufungsgericht im 9. Gerichtsbezirk hob das Urteil auf mit der Begründung, daß die Glaubhaftigkeit der Auffassung des Angeklagten eine Tatsachenfrage sei, über die die Jury zu entscheiden hätte. "Die Beweiswürdigung ist gewöhnlich Aufgabe der Jury, und das Gericht entscheidet kaum über das Verteidigungsvorbringen als Rechtsfrage." (a.a.O. S. 693.)
Im vorliegenden Fall verurteilte das Gericht die Verteidigung zur Bedeutungslosigkeit, indem es dem "in-limine"-Antrag der Regierung stattgab, und fällte zum Nachteil der Antragsteller im Beschlußverfahren praktisch eine Vorentscheidung über das Verteidigungsvorbringen. Man kann sich kaum vorstellen, was für die Frage, ob die Antragsteller beabsichtigt hatten, ihre Kredite zurückzuzahlen, bedeutsamer ist als die von der Regierung veranlaßte Einmischung in ihre finanziellen Angelegenheiten, die sich auf ihre Fähigkeit, diese Kredite zurückzuzahlen, unmittelbar auswirkte.
Die Entscheidung des Gerichts beschränkte die Angeklagten darauf. Beweise vorzulegen, wonach es "unerwartete Aktionen gegeben habe ... die ihre Erwartungen, daß Rückzahlung geleistet werden könnte, zunichte machten", und sie schloß auch jede detaillierte Entwicklung oder Erläuterung der finanziellen Einmischung aus, die über den allgemeinen Hinweis auf "Belästigungen" hinausging. Das Verbot des Gerichts, "in irgendeiner Weise ins Detail zu gehen", fügte der Verteidigung irreparablen Schaden zu, da die Angeklagten daran gehindert wurden, das riesige Ausmaß der Einmischung seitens der Regierung und Dritter in ihre politischen und geschäftlichen Angelegenheiten darzulegen. Eine vollständige Entwicklung der Tatsachen wäre notwendig gewesen, um den Geschworenen die Schlüssigkeit und das Gewicht dieser Verteidigungsargumente vor Augen zu führen. Trotzdem entschied das Gericht, daß alles, was über den oberflächenlichen Hinweis auf Belästigungen und Einmischung hinausging, von der Hauptsache "ablenke". Über die verfassungsrechtlichen Implikationen dieser Entscheidung hinaus liegt hier auch ein Mißbrauch von § 403 des Bundesgesetzes über Beweiserhebungen vor.
b. Von der Regierung eingeleiteter Zwangskonkurs
Eine weitere schwerwiegende Beschneidung der Möglichkeiten für die Antragsteller, sich umfassend zu verteidigen, war der Gerichtsbeschluß hinsichtlich des von der Regierung betriebenen Zwangskonkurses.
An der entsprechenden Stelle das Gerichtsbeschlusses heißt es:
Die Tatsachen sind folgende: Am 20. April 1987 beantragten die Vereinigten Staaten, vertreten durch den Bundesanwalt im östlichen Bezirk von Virginia, beim Bundeskonkursgericht, gegen drei betroffene Organisationen das Zwangskonkursverfahren einzuleiten. In einem höchst außergewöhnlichen Verfahren ohne Beteiligung der Gegenseite erwirkten die Vereinigten Staaten einen Beschluß, der Konkursverwalter einsetzte und diese anwies, das Vermögen der Organisationen zu beschlagnahmen, die Geschäfte zu führen und alle Schuldzahlungen einzustellen, die nicht vom Konkursgericht bewilligt wären. (Vgl. Anhang Nr. 26, S. 6 - "in-limine"-Antrag - d. Red.) In den frühen Morgenstunden des 21. April versiegelten die Konkursverwalter mit Unterstützung von U.S.-Marshalls die Büros der Firmen. Seitdem wurden die Türen der Firmen nicht wieder geöffnet.
Die Regierung war der einzige Gläubiger hinter dem Antrag auf Zwangskonkurs (37). Dennoch zwang der "in-limine"-Beschluß des Gerichts die Parteien, von dem "Betreiben anderer Gläubiger" zu sprechen. Es gab keine "anderen Gläubiger", als der Antrag gestellt wurde. Jeder, der im Rahmen der Beweisaufnahme erfuhr, daß die Firmen einem Zwangskonkursverfahren unterworfen wurden, konnte mit gutem Grund daraus schließen, daß die Firmen von verärgerten Kreditgebern zum Konkurs gezwungen wurden, etwa von jenen, die im Prozeß als Zeugen auftraten, oder, daß die Antragsteller sich durch das Verfahren der Schuldenrückzahlung zu entziehen versuchten. Wenn es auch ein oder zwei flüchtige Hinweise während des Prozesses gab, die auf die Regierung als Betreiberin des Konkursverfahrens deuteten, so war es der Verteidigung doch verwehrt, diesen Punkt durch Fragen oder eigene Ausführungen deutlich herauszuarbeiten. Deshalb konnten diese Hinweise den Verfahrensmangel wie den daraus entstehenden Nachteil nicht beheben. Die Auswirkung auf die Jury wäre weitaus anders ausgefallen, wenn die Verteidigung hätte aufzeigen können, daß es die Regierung war, die in einem Verfahren, daß ohne Präzedenz ist, den Konkurs betrieben hat. (38) Daß das Gericht auf § 403 zurückgriff, um ein derart entscheidendes Beweisthema auszuschließen, war nicht gerechtfertigt. "Die Anwendung von § 403 sollte sorgfältig und restriktiv vorgenommen werden, es sei denn, man versucht, Prozesse nach Drehbüchern abzuwickeln und nicht der Wirklichkeit entsprechende, nach Belieben zurechtgebogene Tatsachen heranzuziehen. (Vereinigte Staaten gegen McRae, 593 F.2d S. 700, 707, 5. Gerichtsbezirk, 1979.)
Die falsche Darstellung des Konkurses war umso unerhörter, als die Staatsanwaltschaft ständig auf die Nichtrückzahlung von Krediten Bezug nahm. Darlehensgeber, die als Zeugen aussagten, wurden standardmäßig gefragt, ob sie jemals - "bis auf den heutigen Tag" - ausbezahlt worden seien. Obwohl das Gericht die Jury instruierte, daß die letztliche Bezahlung oder Nichtbezahlung keine Bedeutung habe, machte die aufwieglerische Rhethorik der Anklagebehörde gegenüber der Jury über den angeblichen Verlust der "Lebensersparnisse" der Darlehensgeber diesen Hinweis des Gerichts null und nichtig. Der Sprecher der Jury, Buster Horton, wurde in der Washington Post zitiert, wo er den Schuldspruch damit begründet, daß "eine Menge Geld verloren wurde". (Vgl. Anhang Nr. 29.)
Der Regierung zu gestatten, die Jury in bezug auf die Nichtbezahlung von Krediten aufzuhetzen, während gleichzeitig die Verteidigung die wahren Tatsachen des Konkurses nicht vorbringen darf, ist ein Hohn auf die Schutzgarantien des Fünften und Sechsten Verfassungszusatzes, der mit Berufung auf § 403 des Bundesgesetzes über Beweiserhebungen bemäntelt wird.
C. Das Distriktgericht irrte, indem es den Antrag der Antragsteller auf Verschiebung der Hauptverhandlung ablehnte und die Verteidigung zwang, ohne angemessene Vorbereitungszeit in den Prozeß einzutreten
Dadurch, daß die Angeklagten übereilt vor Gericht gestellt wurden, und indem die Anträge der Antragsteller auf Verschiebung abgelehnt wurden, ließ das Gericht der Verteidigung keine Vorbereitungszeit für den Prozeß, die nötig gewesen wäre, um sich mit den zahlreichen Anschuldigungen der Regierung gegen die Angeklagten wirksam auseinanderzusetzen und diese entsprechend zu widerlegen.
Am 4. November 1988 beantragten die Antragsteller mündlich vor Gericht einen 60-tägigen Aufschub des Prozeßtermins. (39) Trotz des Umfangs der Dokumente und der Komplexität des vorgeworfenen Sachverhalts verweigerte das Distriktgericht den Antrag der Antragsteller auf Verschiebung. Die Antragsteller versuchten, diese Entscheidung im Wege einer Petition auf eine Anweisung des Berufungsgerichts aufheben zu lassen. Die Petition führt an, daß die Verteidiger zum damaligen Zeitpunkt gleichzeitig fünfzehn verschiedene Aufgaben zu erfüllen hatten, denen sie aus Zeitmangel nicht nachkommen konnten. Aus dem Protokoll ergibt sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, daß durch diesen überstürzten Prozeßbeginn für die Regierung irgendein Nachteil vermieden werden konnte oder irgendein legitimes Interesse gewahrt wurde.
Der unmögliche Zeitplan, den das Gericht festgelegt hatte, erforderte, daß alle prozeßvorbereitenden Anträge am 7. November eingereicht wurden, nur 21 Tage nach der offiziellen Anklageverlesung. Die Verteidigung schaffte es bis zu dem vorgegebenen Termin mit äußerster Anstrengung, 28 wesentliche und inhaltlich bedeutsame prozeßvorbereitende Anträge einzureichen. Dieses Bemühungen hatten allerdings auch ihren Preis: einige der unter diesem Zeitdruck verfaßten Anträge waren unvollständig, und viele Verteidiger hatten nicht die Zeit, die Anträge der anderen Verteidiger und auch nicht die Erwiderungen der Regierung auf diese Anträge durchzulesen.
Obwohl die Verteidiger am 21. November vor Gericht erschienen, waren sie nicht ausreichend vorbereitet und antworteten "nicht bereit", als der Fall aufgerufen wurde. Alle Verteidiger hatten ihre ungenügende Vorbereitung sowie die Notwendigkeit weiterer Vorbereitungen im Detail in Eidestattlichen Versieherungen dargelegt, in denen sie sich vorbehaltlos außer Stande erklärten, ihren Klienten ohne eine Verschiebung wirksam Rechtsbeistand zu leisten - zumal die Entscheidung des Gerichts, dem "in-limine"-Antrag der Regierung stattzugeben, eine völlige Umarbeitung der Verteidigungsstrategie erforderte. (40) (Vgl. Anhang Nr. 17 - oben erwähnte eidesstattliche Versicherungen der Verteidiger - d. Red.
Die Verteidiger hatten nur fünf Wochen Zeit, um sich auf einen vierwöchigen Prozeß vorzubereiten - einen der längsten im östlichen Distrikt von Virginia - wovon drei Wochen für die Vorbereitung von prozeßvorbereitenden Anträgen aufgewandt werden mußten. Diese kurze Zeitspanne erwies sich als völlig unangemessen und wirkte sich konkret unter anderem wie folgt erkennbar zum Nachteil der Angeklagten aus:
1. Ungenügende Zeit, um die Antragsteller darauf vorzubereiten, selbst in den Zeugenstand zu treten, trug dazu bei, daß keiner von ihnen für sich selbst aussagen konnte. Die Aussage bestimmter Angeklagter war geplant, und dies wäre sicherlich auch für die Interessen der Angeklagten außerordentlich hilfreich gewesen, denn dann hätten sie die Aussagen von Regierungszeugen wie Charles Täte und Chris Curtis, deren Aussagen zur Untermauerung der Kernthese der Regierung, daß an eine Rückzahlung nie gedacht worden war, dienten, zurückweisen oder zumindest erläutern können. (So z.B. die Aussage des Zeugen Charles Täte, der den Antragsteller Wertz beschuldigte, er hätte mit Spenden befaßten Wahlhelfern gegenüber erklärt: "Kredite gibt es nicht".) Ähnlich hätte eine Aussage der mit der Wahlkampffinanzierung befaßten Antragsteller darüber, was sie sagten und dachten, als sie Kredite vereinbarten (d.h. in bezug auf die damit verbundenen Risiken oder die beabsichtigte konkrete Verwendung der Kredite) im Interesse der Verteidigung gelegen. In den Augen vieler Beobachter dürfte die Tatsache, daß keiner der Angeklagten zur Sache aussagte, insbesondere bei einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens wie Lyndon LaRouche, den Interessen der Verteidigung ernsthaft, wenn nicht entscheidend, geschadet haben.
2. In vielen Fällen waren die Verteidiger nicht in der Lage, die Regierungszeugen angemessen ins Kreuzverhör zu nehmen. Die Verteidiger sahen sich allzu häufig mit einem Regierungszeugen konfrontiert, deren Aussage - in vielen Fällen auch frühere Zeugenaussagen - ihnen völlig unbekannt war.
3. Die Verteidiger waren außerdem nicht in der Lage, die entlastenden Zeugenaussagen von Darlehensgebern vorzubereiten und einzuplanen. Deshalb konnten die Antragsteller keine Darlehensgeber als Zeugen aufrufen, die über die mit ihren Krediten verbundenen Risiken vollständig informiert waren oder über den Zusammenhang von Äußerungen, die bei Kreditvereinbarungen fielen, hätten aussagen können. Diese vorgesehenen Zeugen hätten auch zu dem politischen Charakter ihrer Darlehen sowie zu der Tatsache, daß ihnen bewußt war, daß die Rückzahlung an den politischen Erfolg der Angeklagten gebunden war, Stellung nehmen können. Aufgrund solcher Zeugenaussagen hätte die Jury die Glaubwürdigkeit der von der Anklage als Zeugen benannten Darlehensgeber nachprüfen und gegen die Behauptung der Regierung abwägen können, daß die Kreditgeber angeblich niemals auf die mit ihren Darlehen verbundenen Risiken hingewiesen worden seien.
4. Die Verteidiger waren außer Stande, ihre Sachverständigen vorzubereiten, um die zahlreichen Behauptungen der Staatsanwaltschaft aufzugreifen und zurückzuweisen. Der Sachverständige Thomas Seay, Öffentlich Zugelassener Wirtschaftsprüfer, war buchstäblich bis zum Abend vor seiner Zeugenaussage mit der Vorbereitung seiner Ausführungen über Erträge und Kredite beschäftigt. Seine Vorbereitung und Zeugenaussage wies schwerwiegende Unzulänglichkeiten auf, die im wesentlichen darauf zurückzuführen sind, daß die Verteidigung seine Arbeit nicht genügend anleiten und überwachen konnte. Insbesondere war die Verteidigung nicht imstande, seine Aussage in vier wesentlichen Bereichen vorzubereiten:
Datum: 5. April 1989 Hochachtungsvoll
Ramsey Clark &
Lawrence Shilling, P.C.
36 E. 12th Street
New York, NY 10003
(212) 475-3232
Odin P. Anderson
Robert L. Rossi
Anderson & Associates
One Longfellow Place
Boston, MA 02114
742-8200
Verteidiger von Lyndon LaRouche und Dennis Small
Kenly Webster
Shaw, Pittman, Potts
& Trowbridge
2300 N Street, N.W.
Washington, D.C. 20037
663-8000
Verteidiger von Edward Spannaus
Brian P. Gettings
Cohen, Gettings, Alper & Dunham
2200 Wilson Bivd.
Arlington, VA 22216
525-2260
Verteidiger von William Wertz
Michael Reilly
Pichelte, Reilly & Jackson
20 Beacon Street
Boston, MA 02108
439-3050
Verteidiger von Paul Greenberg
Edwin Williams
Kellogg, Williams & Lyons
246 Maple Avenue, East
Vienna, VA 22180
938-4875
Verteidiger von Joyce Rubinstein
James Clark
Land, Clark, Carroll
& Mendelson
600 Cameron Street
Alexandria, VA 22314
836-1000
Verteidiger von Michael Billington
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