| Dezember 2001: |
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Im folgenden bringen wir Auszüge aus der Diskussion auf dem Bundesparteitag der Bürgerrechtsbewegung Solidarität am 17. November nach der Hauptrede der Bundesvorsitzenden Helga Zepp-LaRouche in Mainz.
BüSo-Mitglied aus Bayern: Was die Bevölkerung an der jetzigen Politik am meisten stört, ist die Verlogenheit. Ich glaube, hier ist ein grundsätzlicher Ansatzpunkt, daß wir wieder auf die Wahrheit zurückkommen müssen und alles, was wir sagen, zuerst prüfen: Stimmt das auch, was wir sagen? Keiner will angelogen werden. Das sind ganz einfache Grundsätze, die jeder versteht: Wahrheit, Gerechtigkeit und Gewissenhaftigkeit.
BüSo-Gast, eine Dame aus Hessen: Meine persönliche Antwort: Viele Menschen sind hilflos - entweder ballern sie los mit ihrer Meinung, oder sie nehmen sie zurück und sagen lieben nichts, oder sie lügen. Ich denke da an eine alte Dame in einem Altenheim, die Geburtstag hatte. Das Pflegepersonal tut alles, deckt den Tisch schön und richtet alles schön. Aber sie sitzt todunglücklich, total verdrießlich da. Ich sage zu ihr: "Sie müssen jetzt nicht hier so lange sitzen, wenn es zu anstrengend ist." Ich gehe mit ihr in ihr Zimmer, und sie schimpft und schimpft. Im nächsten Moment kommt die Leiterin herein und sagt: "Wie war's denn?" "Schön!", war die Antwort. Dann ging die Leiterin weg, und ich habe zu der alten Dame gesagt: "Na, das war aber gelogen!" Da sagte sie: "Ja, aber ich mußte das doch sagen!" Ich sagte: "Nein, Sie hätten sagen können: Es war alles so liebevoll gerichtet, aber ich bin total unglücklich, weil meine Freunde nicht eingeladen sind."
Herr aus Unterhaching: Ich habe noch nicht sehr lange Kontakt zur BüSo, doch ich muß sagen, ich bin sehr beeindruckt. Denn die BüSo ist wirklich die einzige Bewegung, die ich kenne - und ich denke, einigermaßen kenne ich mich in der Bundesrepublik aus - , die ein wirkliches Konzept hat, das aufgeht, vor allem im Außenpolitischen. Und an dem, was Sie sagten, wird ja auch deutlich, daß verschiedene Regierungen vor allem asiatischer Länder erkennen, daß sie ihre Interessen verwirklichen können, wenn sie dieses Programm aufgreifen.
Aber ich habe natürlich auch Fragen. Auch die besten Ideen müssen an Breite gewinnen, müssen Fuß fassen in den Menschen. Sonst ist sicherlich nichts zu machen. Sich an die Regierungen zu wenden, ist sicherlich sehr wichtig, aber es ist nur eine Seite. Mir geht es darum, daß wir Wege aufzeigen, diese Ideen an den Mann zu bringen. Ich glaube, ein Weg könnte darin bestehen, die Verbindung z.B. der Idee und werdenden Realität der euro-asiatischen Landbrücke zu den möglichen sozialen Auswirkungen bei uns stärker klarzustellen - was bei der Landbrücke für den Einzelnen herauskommt.
Helga Zepp-LaRouche: Die Eurasische Landbrücke ist in der Tat ein Patentrezept, weil sie die Probleme aller Beteiligten gleichermaßen löst. Für Deutschland ist natürlich vollkommen klar, daß es keinen Weg gibt, in der jetzigen historisch-strategischen Konstellation die wachsende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Vollbeschäftigung zu erreichen, wenn wir uns nicht daran erinnern, daß wir eine Exportnation sind, die nur funktioniert, wenn wir bis zu 40% exportieren können. Dazu müssen wir Eurasien aufbauen, Afrika entwickeln, Lateinamerika integrieren, mit der Idee, daß diese Länder sich durch Infrastruktur die Voraussetzungen für eine eigenständige Entwicklung geben.
China hat z.B. gerade beschlossen, Wasser des Gelben Flusses in die nördlichen Wüstenregionen umzuleiten und damit ein Gebiet, das potentiell enorm fruchtbares Ackerland sein kann, zu erschließen. Ein anderes Projekt besteht darin, die Wassermassen des Brahmaputra, bei dessen Überschwemmungen jedesmal Millionen von Menschen die Wohnung oder sogar das Leben verlieren, zwischen China und Indien und Bangladesch zu regulieren und gleichzeitig zur Elektrizitätsgewinnung zu nutzen. Das sind nur zwei Beispiele von vielen: Transrapid, Hochgeschwindigkeitsbahn, Wasserwege, Autobahnen, computerisierte Containerbahnhöfe usw.
Es gibt weltweit unglaublich viele Projekte, die den Menschen auf lange Zeit Arbeit, Verdienst und Wohlstand bringen können. Im Grunde stehen wir gerade am Anfang einer Entwicklung, die in der Tat die Erde vollkommen anders gestalten wird. Beispielsweise sind die Transportlinien in der Dritten Welt, etwa in Afrika oder Lateinamerika - wenn es überhaupt Infrastruktur gibt - , bestenfalls minimalste Straßen- oder Eisenbahnverbindungen von den Gebieten mit Rohstoffvorkommen zu den Häfen. Wir schlagen vor, diese Verkehrslinien zu Arterien sogenannter Entwicklungskorridore auszubauen. D.h. Schnellbahnen, Autobahnen, Wasserwege etc. werden integriert und dann darum herum in etwa einhundert Kilometer breiten Korridoren neue Industrie aufgebaut, die Landwirtschaft entwickelt, die Energieproduktion und -verteilung organisiert. Damit werden zum ersten Mal in der Geschichte die geographischen Nachteile der landeingeschlossenen Regionen dieser Welt überwunden.
Der globale Wiederaufbau auf der Basis der Eurasischen Landbrücke ist eine einmalige Chance. Wenn wir es nicht schaffen, jetzt damit das Chaos zu beseitigen, kommt eine solche Chance vielleicht in hundert Jahren nicht wieder. Daß die Menschheit für immer in dieser Ungerechtigkeit bleiben soll, kann doch nur jemand meinen, der seinen Kopf in einem Riesenwattebausch eingepackt hat. Die Welt ist so offensichtlich in Unordnung, und das Bedürfnis der Menschen, sich zu entwickeln, überall so offensichtlich, daß nur Leute, die ausschließlich im Club Mediteranée Urlaub machen, das nicht mitkriegen. Wer einmal mit offenen Augen in irgendein Land in Afrika in Asien fährt, der sieht, daß die Welt geradezu nach Entwicklung schreit.
Dr. Helmut Böttiger: Ich wollte auf die Frage "Wie sag ich's meinem Kinde?" oder das "Ideen-an-den-Mann-Bringen" eingehen. Die Menschen sind unzufrieden im Lande, und es gibt Parteigründungen wie Sand am Meer. Ich habe es mir angetan, zu einigen dieser Parteigründungen hinzugehen. Dort geschieht immer das gleiche. Dort sind Leute, die nur eines wichtig finden: "Wie sag ich's meinem Kinde? Was kann ich den Leuten sagen, damit sie uns wählen?" Und da können Sie diese Partei schon vergessen. Denn die Leute haben es satt, an der Nase herumgeführt zu werden.
Mit Tricks und Ösen geht es nicht. Und unsere Zeitung noch lustiger zu schreiben und vielleicht mit mehr Cartoons angenehmer zu lesen und treffender zu machen, ist zwar gut - und wenn Sie da Ideen haben, können Sie uns auch unterstützen - , aber entscheidend ist das, was eingangs auch von verschiedenen Rednern gesagt wurde: Es muß von Herzen kommen.
Die erste Voraussetzung ist also, daß man in sich geht und sich selbst klarmacht: Was bedeutet die Seidenstraße? - nur als ein Stichwort für unsere Programmatik - , was bedeutet sie für mich, warum stehe ich dahinter?
Noch ein Punkt: Traditionellerweise galt die einfache Hegelsche Dialektik. Da sitzt einer auf Grund und Boden, dann kommt ein anderer, und es ist nur ein Grund und Boden da, und nun heißt es: "Entweder der oder der." Auseinandersetzung. Dann vielleicht Eroberung: "Mir gehört alles, ihr bleibt am Ort und arbeitet für mich." So war das bisher, und so bleibt es, solange es die grüne Ideologie von den Grenzen des Wachstums gibt, solange diese stationäre Ideologie in den Menschen drin ist. Die Grünen sind ein Übel, nicht weil es irgendwelche Spinner sind, sondern weil sie diese Ideologie haben: Ich will alles so lassen, wie es ist. Das ist die gleiche Ideologie wie bei den Bankiers, den Aktionären, den Wertpapierbesitzern: "Ja nichts ändern!"
Und dabei müssen wir uns auch selbst ertappen: Wollen wir verändern, oder wollen wir nur, daß alles so bleibt, wie es ist? In diesem Fall sind wir "grün", selbst wenn wir verbal für Kernenergie sind. Auch hier geht es um die persönliche Wahrhaftigkeit. So gesehen ist die Frage der Kernenergie eben keine beliebige, sondern die Frage: Wie wir können wir den knappen Boden mit mehr Menschen teilen, ohne gegenseitig auf uns einzuschlagen, zu unterwerfen, ohne das Schachspiel von Brzezinski mitzumachen?
Herr aus Norddeutschland: Ich bin seit vielleicht eineinhalb Jahren Leser der BüSo(-Literatur). Die meisten Dinge, die dort geschrieben werden, kann ich unterschreiben, ich finde sie gut und konstruktiv.
Neulich sah ich einen Fernsehbeitrag vom Balkan, wo ein junger deutscher Soldat - 18, 20 Jahre, der hat keine Lebenserfahrung - auf die Frage "Warum bist du hier?" gesagt hat: "Ich will helfen, ich will das Böse hier eindämmen." Das heißt: Mit falschen Daten können Sie jeden dazu kriegen, anderen den Kopf einzuschlagen. Das möchte ich hier als einen zusätzlichen Gesichtspunkt erwähnen. Denn auch geschichtlich gesehen waren immer einzelne Personen oder Gruppen im Hintergrund, die durch Setzung falscher Daten die Ereignisse manipuliert haben.
Nach dem Krieg gab es in unserer Familie einmal Streit zwischen meinen Eltern und zwei anderen Ehepaaren, die sonst miteinander sehr gut harmonierten, bis plötzlich, von heute auf morgen, meine Mutter an der anderen Frau erbost in die andere Ecke guckend vorbeiging. Das ging eine Weile so, bis mein Vater sagte: "Jetzt ist Schluß, jetzt gehst du hin und findest heraus, was los ist!" Sie ist hingegangen, ziemlich voll Wut, heulend, und dann knirschten die beiden Frauen sich an: "Ja, du hast doch gesagt, aus meinen Vorhängen kann man Suppe kochen!" Und es kam heraus, daß die dritte Frau diese falschen Daten gesetzt hatte. Und wenn meine Mutter nicht zur Aussprache bereit hingegangen wäre, wäre es nie herausgekommen.
So ist der Erste, der Zweite Weltkrieg passiert, der Balkankrieg, Kuwait usw. Mein Wunsch ist, daß wir diesen Punkt mehr unterstreichen. Es nützt das beste konstruktive Programm nichts, wenn jemand falsche Daten bringt. Dann werden die Leute nicht mitmachen.
Helga Zepp-LaRouche: Wonach kann man beurteilen, ob jemand die Wahrheit sagt oder Desinformation betreibt? Ich glaube, daß mein Mann Lyndon LaRouche dazu enorm wichtige Dinge geschrieben hat. Entscheidend ist nicht so sehr der nominelle Inhalt dessen, was einer sagt. Erst wenn man den grundsätzlichen Charakter einer Person, einer Nation, einer Kultur oder Institution berücksichtigt, kann man die Intention hinter dem Gesagten beurteilen. Auf dieser Grundlage kann man dann auch Prognosen darüber machen, wie sich die Dinge in der Zukunft entwickeln. Ein Beispiel, an dem man sich das sehr einfach klarmachen kann, sind die Planetenumlaufbahnen. Wenn man weiß, auf welchen Umlaufbahnen sich die Planeten befinden, kann man schon im voraus absehen, wo der Bogen hingeht.
Das kann man in ähnlicher Weise auf Personen anwenden. So kann man z.B. die Intention bestimmter oligarchischer Kreise studieren, wobei wiederum die Universalgeschichte ein großes Hilfsmittel ist.
Es ist wirklich eine Frage der methodologischen Schulung, die Wahrheit zu erkennen.
Wenn LaRouche gefragt wird: "Wie konnten Sie sich als einzelner gegen dieses weltweite Establishment überhaupt durchsetzen, woher nahmen Sie die Kraft, als einzelner Kopf ein Gegenmodell zu entwickeln, wo doch die Welt lange Zeit von zwei Supermächten dominiert war, USA und Sowjetunion, die beide gegen Sie waren?" - da lautete seine Antwort: "Das fing an, als ich noch ein Kind war und feststellte, daß alle meine Familienmitglieder pausenlos logen." Wenn Besuch kam, wurden die nettesten Worte ausgetauscht: "Ja, wir müssen uns unbedingt bald wiedersehen, was war das für eine schöne Einladung!" Und kaum fällt die Tür zu, heißt es: "Blöde Kuh!"
Es gibt ein nettes Gedicht von Eugen Roth, wo zwei Leute miteinander telefonieren, süße Worte austauschen und sobald sie den Hörer aufgelegt haben, die schlimmsten Schimpfwörter ausstoßen. Dazu sagt Eugen Roth: "So einfach wird auf dieser Welt / die Wahrheit wiederhergestellt."
Die Fähigkeit, sich nicht von Worthülsen täuschen zu lassen, sondern zu verstehen, was die Intention dahinter ist, um so der Wahrheit näherzukommen, das ist etwas, was man wirklich studieren kann. Es ist u.a. die Frage des Sokratischen Dialogs - daß man eben nicht dogmatisch sagt: "So ist es", sondern daß man die Denkfähigkeit des anderen herausfordert, indem man ein Paradox schafft, so daß aus diesem Dialog etwas entsteht, was vorher nicht da war.
Die Wahrheit liegt nicht in plakativen nominellen Etiketten: "Das ist gut, das ist böse", sondern im Grunde in der Fähigkeit der Veränderung zum Positiven. Das ist etwas, was man studieren kann, wozu Platon enorm wichtig ist. Oder Nikolaus von Kues. Auf einer anderen Konferenz sprachen wir über das Denken in der coincidentia oppositorum, dem Zusammenfall der Gegensätze - ein Konzept, das Nikolaus von Kues als direkte Polemik gegen das aristotelische Denken entwickelt hat: Wie kann man "von oben" denken, statt wie ein kleiner Hund von unten hochzubellen, wie kann man von der höchsten Ebene der Vernunft etwas als Ganzes überblicken und dann das Detail im Gesamtkontext bewerten?
Ein Punkt, den ich an meinem Mann unheimlich bewundere, ist seine Fähigkeit, bei neuen historischen Entwicklungen einen Begriff zu schaffen, der sie erklärt. Während alle anderen wie der Ochs vorm Berg stehen und absolut nicht verstehen, was passiert, schafft er es, historischen Begebenheiten einen Begriff zu geben, der sich dann als richtig erweist und einen Zusammenhang erklärt. Das können Sie auch machen, und zwar in dem Augenblick, in dem Sie anfangen, nicht nur sich selber entwickeln zu wollen, sondern auch Verantwortung für ihre Mitmenschen übernehmen.
Leider haben wir es mit einer Situation zu tun, wo die Masse der Bevölkerung die Chance, sich für das Richtige zu entscheiden, entweder nicht wahrgenommen oder erst gar nicht bekommen hat. Ich bin absolut optimistisch, daß wir es schaffen können, Deutschland auf die Seite der Gerechtigkeit zu bringen, weil ich nicht glaube, daß die Deutschen mehrheitlich die Ungerechtigkeit wollen, die in der Welt ist. Aber es hat ihnen niemand gesagt, daß es Völkermord in der Dritten Welt bedeutet, wenn man den IWF unterstützt - obwohl man die Leute auch nicht ganz entschuldigen kann, denn eigentlich ist die Welt für jemanden, der nicht vollkommen egoistisch und indifferent ist, durchaus erkennbar.
Wenn jeder von Ihnen wirklich ernst nimmt, was wir sagen, und, wie Schiller sagt, das edle Verlangen in sich empfindet, mit beizutragen, daß die Lage verändert wird, dann bin ich absolut überzeugt: Wenn wir den Deutschen die Chance geben, zu entscheiden, in welche Richtung sich die Welt entwickeln soll - wollen wir die Vision der Entwicklung aller Völker auf diesem Planeten oder wollen wir ein dunkles Zeitalter? - , und sie das wirklich klar vor sich sehen, dann wird sich die große Mehrheit der Bevölkerung für das Gute entscheiden.
Aber es erfordert wirklich den persönlichen Einsatz, den ich im übrigen auch vermehrt feststelle. Ich habe gerade einige Vorträge in Norddeutschland und in Berlin gehalten, und habe den Eindruck gewonnen, daß die Bevölkerung erschüttert ist und die übliche Mentalität der Spaßgesellschaft und des Wattebauschkokons durchbrochen wird. Es wird einfach klar, daß vieles nicht so stimmen kann, wie es in den Medien dargestellt wird. Das ist eine Chance für uns, einen völlig anderen Einfluß in diesem Land zu gewinnen.
Deshalb möchte ich Sie auch mit allem Nachdruck bitten, in diesem Bundestagswahlkampf dabei mitzuhelfen, daß wir flächendeckend überall Kandidaten aufstellen können und in jeder Stadt, in jeder Region Gruppen von Leuten entwickeln, die verstehen, daß es um Deutschland geht, um Europa, um die Welt - daß eigentlich noch nie soviel auf dem Spiel gestanden hat wie jetzt.
Renate Leffek vom BüSo-Bundesvorstand: Was wir in der letzten Zeit im Bundestag gesehen haben, ist der geistige Zustand einer Politik, die 30 Jahre zugeschaut hat bzw. selber mitgeholfen hat, die Kultur im eigenen Land systematisch zu zerstören. Die Folge von 30 Jahren Generalangriff auf unsere Kultur ist heute das Problem der Gleichgültigkeit und der unpolitischen Haltung. Man kümmert sich nicht mehr, man interessiert sich nicht mehr. Der Dichter und Schriftsteller Carl Zuckmayer hat über die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg gesagt: "Unpolitisch wie das Volk von 1914 in den Krieg gegangen war, politisch unvorbereitet wie es vom Zusammenbruch und von der Revolution überrascht wurde, zu politischem Denken nicht erzogen und nicht gewillt, so verfiel ein großer Teil der Deutschen der Scharlatanerie der Gewaltherrschaft."
Das ist es, was wir ändern müssen, wir müssen eine neue kulturelle Renaissance einläuten. Denn die Identität einer Nation wurde zerstört. Ich habe dazu zwei Zitate zur Umwertung der Werte hier in Deutschland, von der Frankfurter Schule, die 1924 gründet wurde und nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Kontrolle der Universitäten und anderen Lehrstätten und der "Meinungsbildung" systematisch die Nichtidentität förderte. Adorno fordert in seiner Negativen Dialektik das "konsequent gelebte Bewußtsein von der Nichtidentität", und das ist auch die Politik, die er in den ganzen Jahren realisiert hat. Horkheimer schreibt in Egoismus und Freiheitsbewegung, die "Fähigkeit der unmittelbaren Lust" sei durch die "idealistische Predigt der Veredelung und Selbstverleugnung geschwächt" worden; glücklicherweise hätten sich einige Schriftsteller wieder offen zum Egoismus, zum Genuß, zum Höchstmaß an Glück bekannt, in das auch die "Befriedigung grausamer Regungen" eingeschlossen sei.
Damit haben wir es heute zu tun. Die Frage ist, ob wir uns wieder daran orientieren, den Charakter zu bilden, die kognitiven Fähigkeiten des Menschen zu fördern, die Allgemeinbildung zu fördern und eine künftige Generation wieder mit Ideenkräften zu erziehen. Das ist ja das große Problem heute, weshalb wir in der heutigen Politik auch keine Führungspersönlichkeiten mehr haben. Es fehlt einfach der kulturelle Tiefgang, da ist einfach nichts da. Und das ist auch in der breiten Bevölkerung so. Wenn man ihnen das Haus wegnimmt, das Auto wegnimmt, wenn die Familie nicht mehr existiert, dann ist nichts mehr übrig. Die eigentlichen Ideenkräfte sind die kulturellen Werte, wie wir es von Schiller oder Leibniz oder anderen gehört haben. Diese müssen wir wiederbeleben.
Dabei ist die Aufgabe nicht nur, das Werk und die Ideale von Schiller und den anderen zu studieren, sondern letztendlich, diese Ideen umzusetzen, entsprechend zu handeln. Wir müssen wieder Verantwortung erlernen, um die Politik zu verändern. Man hat in den letzten Wochen seit dem 11. September festgestellt, daß die Angst vorherrscht und daß die meisten Leute der Politik sehr kritisch gegenüberstehen. Aber die meisten reagieren nur mit Herummeckern und überlegen nicht, was man denn tatsächlich verändern kann. Das ist eine Aufgabe für uns als BüSo mit dem nächsten Bundestagswahlkampf: Leute zu gewinnen, die diese Ideen selbsttätig vertreten, die wir heute diskutiert haben, und sich mit Mut, Geduld und Ausdauer für diese Ideen einsetzen.
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