| Februar 2000: |
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Immerhin ist jetzt klar: Beim CDU-Skandal geht es nicht einfach um schwarze Parteispenden, sondern um Kuhhändel auf höchster staatspolitischer Ebene:
1. Deutsche Panzer für den Golfkrieg;
2. Millionen von Mitterand, um Maastricht durchzuboxen.
Rainer Apel berichtet.
Rückblickend auf elf Wochen obsessiver Beschäftigung der deutschen Öffentlichkeit mit "Parteispendenskandalen" muß man festhalten, daß alles, was hierzu von schlagzeilengierigen Medienvertretern bisher enthüllt wurde, lediglich die alleräußerste Schale der Zwiebel ist. Wenn einige der bekannteren Redakteure von Spiegel, Stern und Süddeutscher Zeitung nur wollten, hätten sie längst einen Skandal hinter diesen Spendenaffären enthüllt, der viel größer ist.
Der wirkliche Krimi der deutschen Politik der letzten 15-20 Jahre ist von den etablierten deutschen Medien noch nicht geschrieben. Die wirklich brisanten Fragen sind noch nicht gestellt: Wer sind eigentlich die anglo-kanadischen Prominenten, die hinter Schreiber stehen und seine Kaution in Toronto bezahlt haben? Wie steht es mit jener Fürsprache von Walther Leisler Kiep, die laut Schreiber es ihm ermöglicht haben soll, im Pentagon ein- und auszugehen, ohne am Eingang kontrolliert zu werden? Sind nicht einige der "Firmen" und "Geschäftsfreunde", mit denen Schreiber zu tun hatte und noch hat, Teil jenes internationalen Netzes illegaler und halblegaler Firmen, die von 1980 an im Kontext der Iran-Contra-Verschwörung aufgebaut wurden? Und warum setzen, obwohl wesentliche Teile der Schwarzfinanzierung bereits seit Jahren bekannt sind und auch veröffentlicht wurden, die Spendenskandale mit solcher Vehemenz im November 1999 ein? Genau hier sollte man nachforschen, und genau hier liegt das große Desinteresse der deutschen Enthüllungsjournaille, die nur die Geldscheine und Koffer sieht, nicht aber die größeren Zusammenhänge.
Geschäfte wie jene, in denen ein Karlheinz Schreiber nicht ganz geklärte "Vermittlungen" leistete, sind Abmachungen, bei denen nicht normale industrielle Interessen eine Rolle spielen, sondern Interessen der Geopolitik - im Falle Deutschlands sind dies in der gesamten Nachkriegszeit anglo-amerikanische, französische und sowjetische Interessen gewesen. Dabei war, wie die enge Kooperation zwischen den Amerikanern Secord und North und Honeckers Devisenbeschaffer Schalck-Golodkowski bei den Iran-Contra-Geschäften der 80er Jahre zeigte, die offizielle Trennung von Ost und West durch den Eisernen Vorhang kein Hindernis für diese Art "Geschäfte", von denen viele im damaligen Westdeutschland wußten, woran auch viele direkt beteiligt waren.
Und bei vielen dieser Dunkeloperationen mußten die Deutschen mitmachen, weil es von ihnen verlangt wurde. Vor 1989 war Deutschland nicht souverän, und der erste Versuch, im Verlauf der DDR-Krise 1989 souverän zu werden, wurde sofort mit einem politischen Auftragsmord an Alfred Herrhausen, dem damals auch intellektuell führenden deutschen Bankier, beantwortet. Deutschland wurde auch nach 1989 nicht souverän: Die Bedingungen, unter denen die deutsche Wiedervereinigung zustandekam, ähneln den "ungerechten Verträgen", wie sie Kolonien von Kolonialmächten diktiert werden.
Das Gespräch, über das nicht sehr viel mehr bekannt ist, dauerte 40 Minuten, und es war schon ein sehr ungewöhnlicher Vorgang, daß nicht einmal der damalige US-Botschafter in Bonn Vernon Walters, einer der hochrangigsten Diplomaten der Vereinigten Staaten überhaupt, nicht dabei sein durfte. Er mußte "draußen" warten, bis Baker ihn hereinbat zum weniger ungemütlichen Teil der Oggersheimer Gespräche. Der Vorgang wurde von Walters in einem Interview am 26. Januar bestätigt: "Ich war nicht anwesend, als Außenminister Baker und Bundeskanzler Kohl diese Diskussion hatten, was mich etwas überraschte".
Berücksichtigt man die Oggersheimer Geheimgespräche zwischen Baker und Kohl, so überrascht die Tatsache, daß allein Deutschland mit insgesamt 18 Milliarden Mark Finanzbeitrag am Golfkrieg "teilnahm". Das erwarteten Baker und Bush von Kohl dafür, daß sie der deutschen Einheit zugestimmt hatten. Das war der Rahmen, in dem Schreiber und seine Kontaktleute in der Bundesregierung aktiv wurden, um 1991 jene Spürpanzer nach Saudi-Arabien zu schaffen. Die Tatsache, daß die Saudis auf den Kaufpreis von etwa 220 Millionen Mark noch einmal 220 Millionen drauflegen mußten für "Kommissionen" (populärer ausgedrückt: Schmiergelder), unterstrich ganz nebenbei, wie es damals um die Souveränität der Saudis als Staat stand.
Eine einflußreiche saudische Familie, die Dynastie bin-Laden, durch Baugeschäfte reich und durch ein "abtrünniges" Mitglied bekannt geworden, sowie deren Mittelsmann Mansour Ojieh, machten mit den "Kommissionen" ein gutes Geschäft, und mit ihnen einige Engländer um einen gewissen Mark Thatcher, den Sohn ebenjener Margaret Thatcher, der mit Ojieh gemeinsame Geschäfte hatte. Und bohrt man hinter dem Namen "Ojieh" etwas nach, so stößt man auf nahöstliche Ölgeschäfte eines Herrn "Bush". Das ist der Sohn des früheren amerikanischen Präsidenten, der jetzt selbst Präsident werden will. Altkanzler Kohl weiß dies natürlich, aber er sagt dazu nichts, wie er ja überhaupt keine Namen nennen will.
Mitterrand, so wird berichtet, war zwar etwas vornehmer in seinem Auftreten gegenüber Kohl, doch im Kern war ihm der deutsche Wunsch nach Wiedervereinigung genauso unsympathisch wie der Lady Thatcher, die schon das "Vierte Reich" in Deutschland entstehen sah. Allerdings machten die Briten, auch nach Thatchers Absetzung Ende 1990, deutlich, daß sie die eigentlichen Nutznießer dieses Anfang 1992 in Maastricht unterzeichneten "Euro-Europa" waren, denn während Mitterrand die auch für Frankreich bittere Pille der Souveränitätsabtretungen an Brüssel schluckte, hielt London sich von der Währungsunion und vom Euro fern.
Mitterrand war so paralysiert von der angeblichen "deutschen Gefahr", daß er die Nachteile seiner eigenen Strategie für Frankreich selbst vernachlässigte. Er tat so, als wäre es das höchste Staatsinteresse der Franzosen, das wiedervereinte Deutschland in das Maastricht-Korsett zu zwängen.
"Während der 13 Jahre, die sie zusammen an der Macht waren, gelangte Mitterrand, der 1996 starb, zu der Ansicht, Kohl sei ein Partner beim Aufbau der europäischen Einheit, und er glaubte, sein (Kohls) Verbleiben an der Macht sei eine wichtige Garantie dafür, daß ein wiedervereintes Deutschland sein Versprechen einlöste, die Mark für eine einzige Europawährung, den Euro, zu opfern", schrieb die amerikanische Tageszeitung Washington Post hierzu am 25. Januar.
Der Artikel war ein Kommentar zu der gemeinsamen Fernsehsondersendung von ARD und France 2 am 22. Januar, in der im Zusammenhang mit dem Engagement von Elf-Aquitaine bei "Leuna 2000" davon die Rede war, Mitterrand habe aus Furcht, Kohl könnte die Wiederwahl 1994 verlieren, 30 Millionen Mark über bestimmte Kanäle der CDU zukommen lassen, um Kohls Wahlkampf zu unterstützen. "Das war kein Bestechungsgeld, es wurde bezahlt, um dem Staat, um Europa zu dienen," wurde in der Fernsehsondersendung ein ungenannt bleibender früherer enger Berater von Mitterrand zitiert.
In Mitterands "Staatsinteresse" lag es auch, das Engagement von Elf-Aquitaine im Projekt "Leuna 2000", unterzeichnet im Dezember 1992, durch politische Anweisung von oben aufrecht zu erhalten, obwohl aus der Sicht des Elf-Managements bereits 1993 deutlich war, daß dies Projekt trotz umfangreicher deutscher Staatssubventionen ein Verlust würde. Mitterrand hatte Interesse, mit dem Elf-Engagement Kohl, dem seinerseits daran lag, wenigstens einige tausend Arbeitsplätze bei Leuna zu schaffen, daran zu hindern, nach Alternativen Ausschau zu halten, die möglicherweise das deutsche offizielle Bekenntnis zu Maastricht unterminieren könnten. Auch war weder in Frankreich selbst, noch in Deutschland, eine Mehrheit der Bevölkerung für das Euro-Projekt eingestellt; zudem verloren die Sozialisten im Frühjahr 1993 unter anderem wegen der Propaganda des konservativen Blocks gegen den Euro die Parlamentswahlen und die Regierung, und auch in Deutschland bestand die "Gefahr", daß die Wähler den wegen des "Desasters Ost" zunehmend unpopulären Kohl abwählen und die damals noch Euro-skeptischen Sozialdemokraten 1994 in die Regierung bringen könnten.
Altbundeskanzler Kohl hat sich bisher mit ausführlicheren Kommentaren zur Politik Mitterands während jener Jahre zurückgehalten, hat auch vehement abgestritten, jemals Wahlkampfunterstützung aus Paris erhalten zu haben. Würde er näher auf den Komplex "Mitterrand" eingehen, müßte er ja unweigerlich auf die erheblichen Zugeständnisse Deutschlands an das Maastricht-Projekt zu sprechen kommen, und dann bräche ebenjene Debatte in Deutschland über Wirtschaftssouveränität aus, die Kohl, als er noch Kanzler war, ebenso "im Interesse des Staates und von Europa" unterdrückt hat, wie es sein Nachfolger Schröder bisher fortgesetzt hat.
In der Wahl ihrer Mittel waren Kohl und das Establishment nicht zimperlich, wenn es darum ging, jegliche öffentliche Diskussion über Maastricht abzuwürgen: Man erinnere sich an die Art und Weise, wie der Bundesgerichtshof im Frühjahr 1997 jene wohlfundierte Klage von Schachtschneider, Starbatty, Nölling und Hankel in einer Art abwies, die den Schluß zuließ, daß politischer Druck von oben die Richter in ihrer juristischen Urteilskraft getrübt hatte. Staatsrechtlich gesehen, hätten die Kläger Recht bekommen müssen. Dann aber wäre nicht nur Kohl in die Bredouille gekommen, sondern auch die SPD, die mittlerweile auf Euro-freundlichen Kurs eingeschwenkt war.
Es stellt sich die Frage, warum Altbundeskanzler Kohl dem Euro-Bund mit Mitterrand bis heute die Treue hält, obwohl der französische Präsident bereits 1996 verstarb. Auch sind weder Thatcher, Bush, noch Gorbatschow heute im Amt. Es sind sogenannte "Staatsinteressen" im Spiel, die vor allem für diejenigen, welche in der schlechteren Position waren, als der Einheitsvertrag, die Zusatzabkommen sowie die nicht veröffentlichten Sonderklauseln verhandelt wurden, als bindend betrachtet werden. Die gegenseitige Bindung bei solchen Verträgen erfolgt, das ist bekannt, in der Form, daß jede der beteiligten Seiten akzeptiert, daß die andere Seite Stillschweigen über eine jeweilige wichtige Schwäche bewahrt. Verstößt einer der Partner gegen die getroffenen Vereinbarungen, wird für den anderen der Pakt über das Stillschweigen hinfällig, und er kann das, was er über den anderen weiß, gegen jenen zur Anwendung bringen.
Es ist von informierter Seite oft darauf hingewiesen worden, daß die besagten Vereinbarungen um die deutsche Einheit herum ein geheimes Gegengeschäft eingeschlossen hätten: Die deutsche Regierung stimmt den für deutsche Interessen äußerst ungünstigen Verträgen zu, legt dafür jedoch ihr Wissen um die wahren Hintergründe von Iran-Contra und von einigen prominenten Mordsachen, wie der Fälle Barschel, Herrhausen, Rohwedder und anderer unter Verschluß. Der anrüchige Pakt hielt immerhin fast zehn Jahre.
Nun haben sich aber unter dem Druck der sich international zuspitzenden Wirtschafts- und Finanzprobleme anglo-amerikanische Kreise entschlossen, unter Mitwirkung aus Kanada die deutschen Institutionen über Enthüllungen eines gewissen Karlheinz Schreiber in einer Art zu destabilisieren, daß es den Staat Deutschland insgesamt gefährdet. Das Festhalten am Schweigegebot Kohls von 1990 ist jetzt endgültig zerstörerisch für die Deutschen geworden.
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