| November 1999: |
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Die Mitglieder der Bürgerrechtsbewegung Solidarität bereiten sich und andere auf den Moment vor, wenn mit der Finanzblase auch die Illusionen platzen und alles nach einem Auweg sucht.
Der sächsische Landesvorsitzende machte sich über jene lustig, die immernoch sagen: "Wo ist denn der Börsenkrach, ich sehe ihn nicht".
Etwa 150 Mitglieder und Freunde der Bürgerrechtsbewegung Solidarität kamen am Sonntag, den 17. Oktober, zu ihrem 4. Bundesparteitag zusammen. Die Bundesvorsitzende Helga Zepp-LaRouche zeichnete in ihrer Grundsatzrede ein präzises, ungeschöntes Bild der enormen Krise, der sich Deutschland und die Welt heute gegenübersieht. Leider sei aber vielen Zeitgenossen jegliches Gefühl für die Realität abhanden gekommen, stellte sie gleich zu Anfang fest, so tief lägen sie eingebettet in die "Wattebauschberge der Wohlfühlgesellschaft" und so sehr seien sie darauf bedacht, auf jeden Fall "im Trend zu liegen", auch wenn dieser geradewegs in den Abgrund führe.
Die globale Finanzkrise sei in die Endphase vor dem Zusammenbruch eingetreten und die Bankenelite hinter den Kulissen derzeit hektisch bemüht, eine finanzielle Kettenreaktion aufgrund des massiv gestiegenen Goldpreises abzuwenden. Die Regierung Schröder reagiere kopflos und völlig falsch: "Der 'Eichel-Effekt' verschlimmert die Krise. Mit jeder Haushaltskürzung werden neue Arbeitslosegeschaffen und die Steuereinnahmender Regierung verringert." Lafontaine müsse man zugutehalten, daß er "Tabu-Themen wie die Finanzspekulation und den völkerrechtswidrigen Kosovo-Krieg auf den Tisch gebracht hat", sagte sie, "aber das reicht nicht aus". Man müsse auch sagen, wie die Krise überwunden werden soll, und das habe bisher nur die BüSo getan.
Immer neue Krisenherde machen die strategische Lage zunehmend gefährlicher. Helga Zepp-LaRouche nannte die Krise in Indonesien um Ost-Timor, den Putsch in Pakistan und den neuen russischen Tschetschenienkrieg, der als Reaktion auf den Versuch britisch-amerikanischer Kreise in der "globalisierten NATO", Rußland vom Südrand her zu zerstückeln, verstanden werden müsse. Die neue russische Militärdoktrin sehe im Falle einer existentiellen Bedrohung d,en Ersteinsatz von Atomwaffen vor. Darunter verstehe man heute nicht mehr nur die herkömmlichen Atomwaffen, sondern neue Waffen, die durch einen atomar gespeisten, superstarken elektromagnetischen Pulseffekt (EMP» große Teile der computergestützten zivilen westlichen Wirtschaft lahmlegen könnten.
Ein böses Omen sei auch die Weigerung der Republikaner im US-Kongreß, das Atomteststopp-Abkommen zu ratifizieren sowie ihre provokative Politik gegenüber China in der Taiwan-Frage. All dies zusammengenommen, bringe die Bedeutung des amerikanischen Wahlkampfes für die Europäer auf den Tisch: "Der nächste US-Präsident entscheidet über Krieg und Frieden in der Welt." Würde der Republikaner Bush jr. Präsident, so bedeute dies Konfrontation mit Rußland und China. Und der einzig kompetente Präsidentschaftskandidat der Demokraten sei Lyndon LaRouche, der deshalb von allen vernünftigen Europäern unterstützt werden müsse. "Es kommt der Tag, an dem alle Illusionen platzen werden. Dann bringen Pessimismus und Wut entweder 'neue Hitlers' an die Macht, oder unter einer positiven Führung wird die Krise überwunden und eine bessere Welt möglich", so Helga Zepp-LaRouche.
Am Nachmittag konnte die BüSo als Gastredner Lyndon LaRouche selbst begrüßen, der sich aus privaten Gründen gerade in Deutschland aufhält. In Bezug auf die deutsche Lage sagte er, die von Lafontaine oder Helmut Schmidt vorgebrachte Kritik an der ausufernden Spekulation treffe durchaus zu, "die Diagnose ist korrekt, aber wenn man diese seltsamen Ärzte fragt, mit welcher Therapie denn der Patient — die Weltwirtschaft — wieder gesund werden könne, dann heißt es: "Dafür bin ich nicht zuständig'".
Die Menschheit stehe am Scheidewege betonte LaRouche: "Der eine Weg führt in ein neues finsteres Zeitalter, der andere in eine bessere Welt." Und einen "dritten Weg" gibt es nicht. Besonders jungen Leuten fehle aufgrund einer mangelhaften Erziehung die Fähigkeit, sich selbst im historischen Zusammenhang zu sehen. Nichts Geringeres als eine kulturelle Renaissance sei heute nötig, und die müsse im Bildungswesen ansetzen. Hartmut Cramer vom BüSo-Bundesvorstand erinnerte in seinem Rechenschaftsbericht an den Aufruf von Helga Zepp-LaRouche und der ukrainischen Abgeordneten und Präsidentschaftskandidatin Natalja Witrenko an Präsident Clinton, eine Konferenz für ein "Neues Bretton Woods" einzuberufen. Dieser Aufruf wurde inzwischen von mehreren tausend Persönlichkeiten aus aller Welt unterzeichnet, darunter drei ehemalige Staatspräsidenten. Auch der frühere Chef der Hamburger Landesbank Wilhelm Nölling schloß sich dem Aufruf an, und der ehem. Chefökonom der Kreditanstalt für Wiederaufbau, Wilhelm Hankel, sprach sich im April auf einem EIR-Seminar in Bonn-Bad Godesberg im Beisein von LaRouche für ein "Neues Bretton Woods" aus. Auch andere BüSo-Programmpunkte wurden aufgegriffen, so z.B. die Forderung nach einer Spekulationssteuer, die inzwischen nicht nur von Gewerkschaftern in Sachsen und Sachsen-Anhalt vorgebracht wird, sondern jüngst auch von IG-Metall-Chef Zwickel auf dem Hamburger Gewerkschaftstag.
Das Konzept der Eurasischen Landbrücke, von der BüSo entwickelt und weithin bekanntgemacht, liegt als Alternative zu Massenarbeitslosigkeit und Staatsbankrott seit langem auf den Tisch. Cramer zitierte den Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Jagoda, der sich 1997 im Spiegel für ein eurasisches Transrapid-Netz ausgesprochen hatte. Die Europäer sollten vereinbaren, so Jagoda wörtlich, "Moskau und Madrid, Norwegen und den Südzipfel von Italien mit einer Magnetschwebebahn zu verbinden". Das würde "einen riesigen Schub für Innovation und Beschäftigung bringen". So etwas sollten er und andere jetzt erst recht und noch viel lauter sagen, schließlich gehe es um Sein oder Nichtsein der Minimalstrecke Hamburg-Berlin!
In der Diskussion überbrachte der NRW-Landesvorsitzende Michael Vitt an den Parteitag schriftliche Grüße von Freunden der BüSo in der Ukraine und von der Partei für Verfassungsrechte in Armenien, die bei der letzten Wahl sieben Abgeordnete ins Parlament entsenden konnte. Er zeigte ein wunderschönes Wahlplakat der ukrainischen Präsidentschaftskandidatin Natalja Witrenko vor dem Hintergrund der inzwischen berühmten LaRoucheschen "Kollapsfunktion".
Ein Afrikaner fragte Frau Zepp-LaRouche, was Exilafrikaner in Europa zur Verbesserung der Lage in Afrika tun könnten. Sie verwies auf die Afrikanische Bürgerrechtsbewegung unter der Führung des ehem. Präsidenten Ugandas, Godfrey Binaisa. Afrika sei ein schreckliches Symptom der gegenwärtigen Weltordnung, die Afrika abgeschrieben habe. Abhilfe sei erst möglich, wenn die Welt im Großen auf einen Kurs des Wiederaufbaus gebracht sei. Die BüSo habe schon seit langem ein Infrastrukturentwicklungsprogramm für den ganzen afrikanischen Kontinent in der Schublade.
Der sächsische Landesvorsitzende Ralf Geisendörfer ging humorvoll auf solche Schlauberger ein, die immer noch sagen: "Wo ist denn der Börsenkrach, ich sehe ihn nicht." Zwar gebe es gesetzlich festgelegte Regeln, ab welchem Grad der Überschuldung eine Firma Konkurs anmelden müsse, aber das gelte offenbar nicht für überschuldete Länder. Nur deswegen existiere das eigentlich bankrotte System noch weiter, der Kollaps werde künstlich herausgezögert. "Das ist wie bei einem, der vom Hochhaus springt und während er fällt, andere unten Löcher ausheben läßt, um den Aufprall zu verzögern."
Letzter Redner war ein prominenter Gast aus Frankreich, der ehem. Präsidentschaftskandidat und Vorsitzende der Partei Solidarite et Progres, Jacques Cheminade. Er warnte vor Illusionen über Jospin und die Opposition der französischen Sozialisten gegen Biairs "Dritten Weg", denn Jospin sei selbst nur eine "Blair light- Version". "Wir von Solidarite et Progres und BüSo sind selbst als Führung aus dieser Krise gefordert", so Cheminade. Die Zeit erfordere Helden, und die dürfen nicht wie "Oblomow vor dem Fernseher liegen", meinte er schmunzelnd. Die von Schröders rot-grüner Regierung ruinierte deutsch-französische Freundschaft müsse wieder aufgerichtet werden. "Die Deutschen sollten sich darüber bewußt sein, daß ihre kulturelle Blütezeit kürzer zurückliegt als die Renaissance der meisten anderen Länder." Als Hauptschwerpunkt der Arbeit in den kommenden Monaten empfahl er mit einem Appell an die BüSo-Delegierten: "Helft mit, daß LaRouche in den USA gewinnt!". Im Zuge des Parteitags wurde der alte Bundesvorstand entlastet und bei nur einzelnen Gegenstimmen bzw. Enthaltungen wiedergewählt.
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