Wie sein Bruder Georg - der ehemalige Musikdirektor der Regensburger Domspatzen - ist der neue Papst sehr musikalisch. So findet er trotz der Last seines Amtes von Zeit zu Zeit die Gelegenheit, Klavier zu spielen - am liebsten Mozart auf einem Steinway-Flügel. Im Rahmen eines Weihnachtskonzerts, das kurz vor Weihnachten vom Knabenchor der Sixtinischen Kapelle gegeben wurde, wandte sich der Papst an die jungen Chorsänger. Er wisse durch seinen Bruder sehr wohl, was es für einen jungen Menschen bedeute, die hohe Kunst des Gesanges zu erlernen, sich darin zu üben und zu vervollkommnen, sagte er. Abgesehen von den Opfern, wie frühes Aufstehen, welche die jungen Leute jeden Tag brächten, um rechtzeitig in die Schule zu kommen und nachmittags zu proben, müßte jeder einzelne Sänger viel Zeit aufbringen, um sich im Singen eine entsprechende Kompetenz zu erwerben. Unter Bezugnahme auf das Alte und Neue Testament und die darin erwähnten "himmlischen Chöre" sprach er vom chorischen Singen als Loblied auf den Schöpfergott, das zur Schönheit der Liturgischen Feier beitrage.
Papst Benedikt XVI. setzt seine ganze Energie ein, um in einer Weltlage, in der der Weltfrieden durch asymmetrische Kriege bedroht und die Weltöffentlichkeit durch neue Folter- und Greuelnachrichten schockiert wird, den Frieden zwischen den Völkern und Religionen zu stärken. Seine weihnachtliche Ansprache "Urbi et Orbi" wie auch die Rede zur Feier des Weltfriedenstages am 1. Januar 2006, waren daher dem Thema Frieden und gerechte Weltordnung gewidmet.
Als Motto für seine Ansprache "Urbi et Orbi" wählte der Papst ein Zitat aus einer Rede des Hl. Augustinus: "Erwache, o Mensch, denn für dich ist Gott Mensch geworden!" Am Beginn des 3. Jahrtausends sei der Mensch aufgefordert, sein Verhältnis und seine Einstellung zum Leben neu zu überdenken. Der moderne Mensch, "erwachsen und doch zuweilen kraftlos im Denken und im Wollen", solle sich nicht fürchten, sondern Gott vertrauen und sich mit Mut und Entschlossenheit "für den Aufbau einer neuen Weltordnung einsetzen, die auf gerechte, ethische und wirtschaftliche Beziehungen gegründet ist", sagte der Papst. Nur eine in Liebe und Vertrauen geeinte Menschheit werde die Fähigkeit haben, die vielen und besorgniserregenden aktuellen Probleme in Angriff zu nehmen: von der terroristischen Bedrohung "bis zu den Bedingungen beschämender Armut, unter denen Millionen von Menschen leben", von der Rüstungszunahme bis zu den Pandemien und der Umweltverschmutzung.
Der Papst nahm Bezug auf die Krisenregionen in der Welt und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, daß in Zentralafrika, dem Nahen Osten, in Lateinamerika, auf der koreanischen Halbinsel und in den asiatischen Ländern die Konflikte durch Dialog und entsprechende Friedensabschlüsse überwunden werden. Den Menschen guten Willens, die im Heiligen Land, im Irak und im Libanon wirken, flöße der Gott der Liebe, der aus Liebe zum Menschen selbst Mensch geworden ist, Mut ein. Dort fehlten zwar die Zeichen der Hoffnung nicht, warteten aber auf Bestätigung durch ein von "Aufrichtigkeit und Weisheit bestimmtes Verhalten".
Seine Botschaft zum Weltfriedenstag am 1. Januar 2006 überschrieb der Papst mit dem Titel "In der Wahrheit liegt der Friede". In diesem Satz ist die Überzeugung enthalten, daß der Mensch fast selbstverständlich den Weg des Friedens einschlägt, wann immer er aufrichtig nach der Wahrheit sucht und von dieser in seinem Denken erleuchtet wird. Frieden bedeute nicht nur "das Nichtvorhandensein bewaffneter Konflikte", sondern er müsse als eine Ordnung verstanden werden, die von Menschen, die nach einer immer "vollkommeneren Gerechtigkeit streben", gestaltet und verwirklicht werden soll.
Sich für den Frieden auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens einzusetzen, heiße vor allem Verantwortung zu übernehmen. Es bedeute, daß man versuche, die Geschichte an der Wahrheit, an Gerechtigkeit, Freiheit und Liebe auszurichten und sie mit der "göttlichen Ordnung" in Übereinstimmung zu bringen. Wenn man sich jedoch nicht mehr an die "transzendente Ordnung" der Dinge hält und die "Grammatik" des Dialogs, das in das Herz des Menschen eingeschriebene allgemeine Sittengesetz, nicht mehr anerkennt, so der Papst weiter, wenn die ganzheitliche Entwicklung der Person und der Schutz ihrer Grundrechte behindert und verhindert wird, wenn viele Völker gezwungen sind, unerträgliche Ungerechtigkeiten und Mißverhältnisse zu erleiden, wie kann man dann auf die Verwirklichung jenes Gutes hoffen, das der Friede ist?
Der Hl. Augustinus habe in seinem berühmtem Werk Über den Gottesstaat vom Frieden als "tranquillitas ordinis", als "Ruhe der Ordnung" gesprochen, die es ermöglicht, die Wahrheit des Menschen vollständig zu achten und zu verwirklichen. Frieden sei eine "Sehnsucht im Herzen eines jeden Menschen", und dies gelte jenseits spezifischer kultureller Gegebenheiten, denn alle Menschen seien letztlich Teil einer großen Menschheitsfamilie. Frieden sei auch nicht das "Nichtvorhandensein von Krieg", sondern ergebe sich aus der Art des Zusammenlebens der Menschen: Er ist Ausdruck des einzelnen Menschen in "einer von Gerechtigkeit geregelten Gesellschaft, in der das Wohl eines jeden [Menschen] verwirklicht wird".
Was aber sind die Kräfte, die die Verwirklichung des Friedens verhindern? Zum einen spricht der Papst von der Lüge, die Zwietracht sät. Die perversen Folgen dieser Sünde hätten sich in ihren verheerenden Auswirkungen im Leben der einzelnen sowie der Nationen gezeigt habe und zeigten sich noch heute.
Ohne explizit auf die schon von Papst Paul II. immer wieder erwähnten Greuel der nationalsozialistischen und kommunistischen Diktatur einzugehen, sprach der Papst von den verheerenden Ereignissen des vergangenen Jahrhunderts, jenen "irrigen ideologischen und politischen Systemen", die auf Lüge aufbauten, indem sie "die Wahrheit planmäßig verfälschten und so zur Ausbeutung und Unterdrückung einer erschütternden Anzahl von Menschen führten, ja sogar ganze Familien und Gemeinschaften ausrotteten". Müßte man angesichts dieser Erfahrungen nicht ernstlich besorgt sein? Und sind es nicht wieder die Lügen unserer Zeit - man denke an die Lügen, mit denen Bush und seine Verbündeten den präventiven, zerstörerischen Krieg gegen den Irak rechtfertigten - , die den Rahmen bilden für bedrohliche Szenarien des Todes in vielen Regionen der Welt?
Vor dem Hintergrund der die Weltöffentlichkeit täglich neu schockierenden Nachrichten über Greueltaten und Folter, mahnte der Papst eindringlich, daß es Pflicht für alle Völker sei, die in der Charta der UNO verbrieften internationalen Völker- und Menschenrechte zu achten, wonach "die Wahrheit des Friedens auch dann gilt, wenn man sich in der tragischen Situation des Krieges befindet". Aus dieser Überzeugung heraus, habe der Hl. Stuhl seine Unterstützung für das humanitäre Völkerrecht zum Ausdruck gebracht. Es sei "zu den glücklichsten und wirkungsvollsten Ausdrucksformen jener Ansprüche zu rechnen, die sich aus der Wahrheit des Friedens ergeben. Gerade deshalb erscheint die Achtung dieses Rechtes notwendig als eine Pflicht für alle Völker". Zugleich richtete er einen eindringlichen Appell an die Weltmächte und internationalen Organisationen - wie z.B. die UNO - alles zu unternehmen, um dem Wahnsinn des atomaren Wettrüsten Einhalt zu gebieten und stattdessen die Verantwortung zu übernehmen für den Aufbau einer auf Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität aufbauenden gerechten Weltordnung.
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