April 2003:
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Die Weltgemeinschaft fordert Ende des Krieges

Spontan-Demo in Mainz
Das Bild zeigt eine Spontan-Demo von BüSo-Aktivisten in Mainz, bei der gegen den drohenden Irak-Krieg mobilisiert wurde. Jetzt ist der Krieg im Gange - und solange die Kriegstreiber in der US-Regierung nicht gestoppt werden, wird dieser Krieg nicht beendet werden, so sehr das auch zu hoffen wäre.
Muriel Mirak-Weißbach berichtet.


Der Irakkrieg zieht sich in die Länge, und seine Ablehnung in praktisch der ganzen Welt festigt sich weiter - abgesehen von den "Hilfswilligen" wie Tony Blair, Australiens Howard, Koizumi in Japan und den "Jubelpersern" in den Regierungen Spaniens, Polens, und anderer kleinerer Staaten.

Als Forum für den internationalen Widerstand gegen den Krieg wurde völlig zu recht der UNO-Sicherheitsrat gewählt - ebenjenes Gremium, dessen Autorität die USA und Großbritannien mit Füßen treten. Die Nationen, die den Irakkrieg stoppen wollen, verlangen, den Konflikt in den UNO-Sicherheitsrat zurück zu bringen und, falls erforderlich, auf die Tagesordnung der Vollversammlung der Vereinten Nationen zu setzen. Die Antikriegsfront sieht in der unilateralen Kriegspolitik keineswegs das "Todesurteil" für den Weltsicherheitsrat und die UNO, sondern will im Gegenteil der Autorität der Vereinten Nationen und dem Völkerrecht wieder Geltung verschaffen.

Alle wichtigen Kriegsgegner sind sich einig, daß es hier nicht allein um den Irak geht. Der US-Präsidentschaftsbewerber Lyndon LaRouche schrieb dazu in einer Erklärung vom 25. März: "Wir haben eigentlich keinen Irakkrieg, sondern wir stehen praktisch vor einem Weltkrieg ohne Ende, wenn wir ihn im Irak nicht stoppen." Es droht der Sturz der meisten, vielleicht sogar aller Regierungen im Nahen und Mittleren Osten. Durch den Krieg bestehe auch die Gefahr "eines ansonsten undenkbaren atomaren Schlagabtausches zwischen den USA und Nordkorea, wobei möglich wäre, daß zum dritten Mal eine Atombombe auf Japan geworfen wird".

Einer der wichtigsten Planer der Politik des "permanenten Krieges", Michael Ledeen, nannte in einer Rede vor dem American Enterprise Institute am 21. März Iran und Syrien als mögliche nächste Ziele eines solchen Krieges. "Der Irakkrieg ist eine Schlacht in einem längeren Krieg... Wir werden im Irak keinen Erfolg haben, wenn wir uns auf den Irak beschränken. Und ich glaube, die Terrorländer, die an den Irak grenzen, vor allem der Iran und Syrien, wissen das." Ledeen forderte auch eine "Eindämmung" Frankreichs und Deutschlands wegen ihrer Beziehungen zu diesen "Schurkenstaaten".

Letztlich spitzt sich die Auseinandersetzung auf die Frage zu: Wird die Welt von souveränen Nationalstaaten regiert oder von einem von Washington und London geleiteten neuen Römischen Reich, das der Welt seine Gewaltherrschaft aufzwingt?

Sicherheitsrat muß handeln

Die Initiative für die neue Sitzung des UNO-Sicherheitsrates ging von der Arabischen Liga aus, deren Außenminister sich am 24. März in der ägyptischen Hauptstadt Kairo getroffen hatten. Mit der Ausnahme Kuwaits, das als Hauptbasis für die anglo-amerikanischen Militäroperationen gegen den Irak benutzt wird, stimmten alle arabischen Staaten für eine Resolution, die den Angriff auf den Irak verurteilt und den sofortigen Abzug der amerikanischen und britischen Streitkräfte aus dem Land fordert. In der Resolution heißt es weiter, wenn der UNO-Sicherheitsrat nicht handlungsfähig sei, werde man eine Dringlichkeitssitzung der Vollversammlung der Vereinten Nationen beantragen. Dies hatte zuvor u.a. schon der brasilianische Präsident Lula vorgeschlagen. Die Initiative wurde von der Blockfreien Bewegung, Rußland und China unterstützt.

Helga Zepp-LaRouche erinnerte auf der Konferenz des Schiller-Instituts am 23. März daran, daß eine ähnliche Dringlichkeitssitzung der UNO-Vollversammlung 1950 im Zusammenhang mit dem Koreakrieg stattfand und die Resolution "Uniting for Peace" verabschiedete. Sie schlug vor, heute wieder so zu handeln. Die russische Staatsduma forderte "eine Sondersitzung der UNO-Vollversammlung, um über den Angriff der USA, Großbritanniens und ihrer Verbündeten auf den Irak, einen souveränen Staat und Mitglied der Vereinten Nationen, zu diskutieren". Auch die International Progress Organization (IPO) in Wien veröffentlichte einen entsprechenden Aufruf am 26. März.

Am 26. und 27. März trat der UNO-Sicherheitsrat in New York zum ersten Mal seit Kriegsausbruch wieder zusammen, wobei auch Nicht-Mitglieder zu Wort kommen konnten. Ein Land nach dem anderen verurteilte den Krieg und forderte ein Eingreifen der UN. Der irakische UN-Botschafter Mohammed Aldouri erklärte, die USA und Großbritannien hätten einen Angriffskrieg begonnen. Dies sei eine flagrante Verletzung des Völkerrechts und der UN-Charta. Er forderte den Sicherheitsrat auf, die Aggression zu beenden und den Abzug der amerikanischen und britischen Truppen zu verlangen.

Als derzeitiger Sprecher der Blockfreien Bewegung erklärte der malaysische Botschafter Rastam Mohd Isa, der Krieg gegen den Irak verletze sowohl das Völkerrecht als auch die UN-Charta. Das unilaterale militärische Vorgehen stelle einen illegitimen Akt der Aggression dar und müsse umgehend eingestellt werden. Der Vertreter der Arabischen Liga, Yahya Mahmassani, wiederholte die in der Resolution erhobenen Forderungen. Bei dem Krieg gehe es nicht um Massenvernichtungswaffen, sondern um Durchsetzung absoluter Macht.

Die Botschafter von Algerien, Ägypten, Jemen, Libyen, Indonesien, Syrien, China, Mexiko, Pakistan, Frankreich, Sri Lanka, Slowenien, Brasilien u.a. unterstrichen den gleichen Punkt: Das unilaterale militärische Vorgehen gegen den Irak bilde einen flagranten Verstoß gegen das Völkerrecht und die UN-Charta. Die Feindseligkeiten müssen eingestellt werden. Das sei die Verantwortung der Vereinten Nationen. Selbst Jordanien und Saudi-Arabien, die als Aufmarschbasen für den Krieg benutzt werden, verlangten eine umgehende Einstellung der Feindseligkeiten.

Bündnis für Frieden

Gleich nach dem Kriegsausbruch hatten einige Staaten heftig reagiert. Der neue chinesische Außenminister Li Zhaoxing forderte am 23. März die "rasche Einstellung der andauernden Militäraktionen der USA und Großbritanniens gegen den Irak". Indien, die Türkei, Pakistan, Bangladesch, Indonesien und andere forderten gleichfalls ein umgehendes Ende der Kampfhandlungen. China und Indien koordinieren ihr Vorgehen eng mit Rußland, das in dem internationalen Bündnis für Frieden die Vorreiterrolle übernommen hat.

Am 22. März erklärte der russische Außenminister Igor Iwanow in einer Rede vor dem GUS-Rat für Verteidigungs- und Außenpolitik: "Der Krieg gegen den Irak ist die erste wirklich größere internationale Krise seit dem Ende des Kalten Krieges." Man müsse sich fragen, ob die breite Koalition gegen den Terrorismus, die sich nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gebildet hatte, im Nachhinein nur als Episode erweisen werde oder ob sie ein Modell eines neuen Systems weltweiter Sicherheit werden könne. "Auf der Grundlage unserer historischen Erfahrung halten wir es nicht für effektiv, ,Demokratie zu exportieren', so wie man früher ,Revolutionen exportierte'". Um so mehr, wenn es um die islamische Welt geht, wo solche Methoden nur eine neue Welle des Extremismus und Terrorismus erzeugen können."

Rußland habe sich in den Vereinten Nationen für eine politische Lösung der Krise eingesetzt. Die Zusammenarbeit zwischen Frankreich, Deutschland, Rußland und China im Sicherheitsrat sei eine Abkehr von der "Blockdisziplin" der Vergangenheit gewesen. "Es gibt Anzeichen für die immer stärkere Tendenz zu einer multipolaren Weltordnung. Ich betone, daß das Konzept der Multipolarität, wie wir es verstehen, kein Deckmantel für irgendwelche Allianzen im Geiste eines Antiamerikanismus ist", sagte Iwanow weiter. "Das Wichtigste ist jetzt natürlich, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden und die Lösung der Irakkrise wieder in den Rahmen des UNO-Sicherheitsrates zu stellen."

In einer Rede vor dem Föderationsrat führte Außenminister Iwanow am 26. März dann weiter aus: "Es ist bereits sechs Tage her, daß in Verletzung von Entschließungen des UNO-Sicherheitsrates und im Gegensatz zu den Normen des Völkerrechts großangelegte militärische Operationen begonnen wurden. Wie Präsident Putin erklärt hat, geht die Irakkrise weit über das Ausmaß eines Regionalkonfliktes hinaus und bildet heute eine potentielle Quelle der Instabilität für andere Regionen der Welt." Der Krieg sei ein "schwerer politischer Fehler". Es gebe keinerlei Beweise dafür, "daß der Irak internationalen Terrorismus unterstützt", und "niemand hat nachgewiesen, daß der Irak eine militärische Bedrohung für irgendeine Nation darstellt".

Iwanow kam dann zum Kern der Sache: "Die USA und Großbritannien legten die Priorität nicht auf die Entwaffnung des Iraks, sondern auf die Veränderung des politischen Regimes in diesem Land. Das verstößt nicht nur gegen die Resolutionen des Sicherheitsrates, sondern auch gegen die Grundprinzipien der UN-Charta... Der Versuch, einem souveränen Staat diese oder jene politische Struktur aufzuzwingen, ist nicht nur illegal, sondern auch zum Scheitern verurteilt." Die Gefahr einer militärischen Lösung des Irakproblems liegt auch in der Tatsache, daß eine illegale Handlung unausweichlich zur nächsten führt. "Wir sind weiterhin entschlossen, gegen jeden Versuch vorzugehen, die Anwendung von Gewalt gegen den Irak direkt oder indirekt zu legitimieren... Deshalb sind wir der Auffassung, daß heute keine wichtigere Aufgabe existiert als die, den Krieg sofort zu beenden."

Der russische Außenminister nannte dann die Prioritäten für eine kommende Sicherheitsratssitzung: 1. unverzügliche Einstellung des Krieges, Wiederaufnahme der Irakfrage im UNO-Sicherheitsrat; 2. Feststellung der Lage im Irak hinsichtlich humanitärer Bedürfnisse, Ausmaß der Zerstörung u.ä. Falls nötig, sollten Blauhelmsoldaten eingesetzt werden, um im Irak Sicherheit und Ordnung wiederherzustellen; 3. Fortsetzung der Waffeninspektionen.

Um zu unterstreichen, daß es sich um einen grundsätzlichen Konflikt zwischen Multilateralismus und einem Welt-Empire handelt, schlug Iwanow auch vor, neue Ständige Mitglieder in den Sicherheitsrat aufzunehmen - darunter Indien, Deutschland, Japan sowie weitere führende Nationen Asiens, Afrikas und Iberoamerikas. Um den russischen Forderungen Nachdruck zu verleihen, erklärte Iwanow am 26. März, seine Regierung werde sich erst dann für die Ratifizierung des anstehenden Abrüstungsabkommens mit den USA in der Staatsduma einsetzen, wenn die Lösung des Irakkonflikts wieder beim Sicherheitsrat liege.

Wann wird gehandelt?

Die Schwäche der Sicherheitsratssitzung lag darin, daß zwar die überwältigende Mehrheit ein Ende des Krieges forderte, aber keine Resolution mit dieser Forderung eingebracht wurde. Natürlich hätten die Ständigen Mitglieder USA und Großbritannien gegen eine solche Resolution ihr Veto eingelegt. Aber in diesem Fall muß eine Sondersitzung der UN-Vollversammlung einberufen werden. Die Frage ist: Werden die Nationen in der Vollversammlung ein Ende des Krieges und eine Klärung der Irakfrage im Rahmen der UN erzwingen? Werden sie offiziell feststellen, daß die USA und Großbritannien gegen das Völkerrecht und gegen die UN-Charta verstoßen? Werden sie androhen, führende Vertreter dieser beiden Länder wegen Kriegsverbrechen anzuklagen?


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